Jugend und Polizei – Eine qualitative Studie zu ... - Polizei-Newsletter
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sodann auch drei, komplett anonymisierte, polizeiliche Abschlussberichte über Straftaten von<br />
<strong>Jugend</strong>lichen <strong>zu</strong>kommen lassen. Aus diesen lässt sich für die Staatsanwaltschaft bereits<br />
ableiten, wie sich der Umgang im betreffenden Fall zwischen dem oder der <strong>Jugend</strong>lichen <strong>und</strong><br />
den ermittelnden Beamten <strong>und</strong> Beamtinnen dargestellt hat, <strong>und</strong> wie die Polizisten <strong>und</strong><br />
Polizistinnen vor Ort den Sachverhalt <strong>und</strong> auch die Situation des oder der betreffenden<br />
<strong>Jugend</strong>lichen einschätzen. Stichwörter wie „amtsbekannt“ oder Aussagen wie „ich scheiß was<br />
drauf“, etc. würden ihr dabei sofort in die Augen springen <strong>und</strong> ihr weiteres Vorgehen,<br />
<strong>zu</strong>mindest in dem einen oder dem anderen Fall, der sowohl in die eine oder andere Richtung<br />
ausgelegt werden kann, mitentscheiden. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass anders als im<br />
Erwachsenenstrafrecht, im <strong>Jugend</strong>strafrecht die Sanktionsfindung im Wesentlichen nur durch<br />
den Gr<strong>und</strong>satz der Spezialprävention stattfindet, während generalpräventive Aspekte die<br />
Sanktionsfindung bei dem bzw. der <strong>Jugend</strong>lichen nicht <strong>zu</strong> dessen bzw. deren Nachteil<br />
beeinflussen sollen (vgl. Aussage Staatsanwältin Mag. a Katharina Posch, aus einem email<br />
vom 26.06.2010). 59 Der Hinweise „amtsbekannt“ führt also da<strong>zu</strong>, dass die StA eine (Archiv-)<br />
Abfrage im Register durchführt, was sie aber ansonsten auch tun würde, weshalb laut Frau<br />
Staatsanwältin Mag. a Posch einem derartigen Hinweis „mehr oder weniger Gewicht“<br />
beigemessen wird. „Ebenso sind Bemerkungen in den kriminalpolizeilichen Berichten über<br />
renintentes Verhalten des jugendlichen Beschuldigten dann <strong>zu</strong> berücksichtigen, wenn daraus<br />
nicht etwa nur ersichtlich ist, dass der <strong>Jugend</strong>liche ‚kein ordentliches Benehmen’ hat, sondern<br />
sein Verhalten von einer Uneinsichtigkeit zeugt. Allein in diesem Fall wäre dieses Verhalten<br />
bei der Erledigung des Falles naturgemäß mit <strong>zu</strong> berücksichtigen: So heißt es etwa in §6 Abs.<br />
1 JGG, dass nach dieser Bestimmung von der Verfolgung abgesehen werden kann, wenn<br />
entsprechende Maßnahmen (Diversion, gerichtliche Strafe) nicht notwendig sind, ‚(…) um<br />
den Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen ab<strong>zu</strong>halten’. Wenn also <strong>zu</strong><br />
befürchten steht, der <strong>Jugend</strong>liche werde ohne jegliche Konsequenz für sein strafrechtlich<br />
relevantes Verhalten (sei es auch ‚nur’ eine entsprechende Belehrung durch das<br />
Pflegschaftsgericht nach Abs. 2 leg. cit.) weiterhin (ähnliche) strafbare Handlungen begehen,<br />
dann scheidet diese Erledigungsform aus“ (Aussage von Frau Staatsanwältin Mag. a Katharina<br />
Posch aus einem email vom 26.06.2010). Daraus lässt sich ableiten, dass der unmittelbare<br />
subjektive Eindruck der erhebenden Kriminalpolizei ein <strong>zu</strong> berücksichtigender Teilaspekt im<br />
Prozess der Entscheidungsfindung für die Anklageschrift ist. Im Vordergr<strong>und</strong>, so Frau<br />
Staatsanwältin Mag. a Katharina Posch in ihrem email vom 26.06.2010 weiter, stehen aber<br />
59 Ziel der Spezialprävention ist es, dass der oder die Beschuldigte keine strafbaren Handlungen mehr begeht,<br />
während die Generalprävention auch andere davon abhalten soll, derartige strafbare Handlungen <strong>zu</strong> setzen (vgl.<br />
Aussage Staatsanwältin Mag. a Katharina Posch, aus einem email vom 26.06.2010).<br />
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