Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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der B<strong>und</strong>esverwaltung“ ab („Huber-Bericht“ 28 ). Teilweise begründete die Wahlen-<br />
Kommission die Präjudizkraft von Hongler- <strong>und</strong> Huber-Bericht mit dem Argument,<br />
dass die Vernehmlassungen weitgehend zu gleichen Schlussfolgerungen wie die<br />
beiden Kommissionen gelangt seien:<br />
„Ein erheblicher Teil (der Vernehmlassungen) übernimmt, ausgesprochen oder<br />
unausgesprochen, Empfehlungen der vom B<strong>und</strong>esrat eingesetzten Expertenkommissionen<br />
für die Regierungs- <strong>und</strong> Verwaltungsreform oder gibt die<br />
mittlerweile bereits eingeleiteten Reformvorkehren wieder: Verfahrensverbesserungen<br />
für die Kollegiumsarbeit, Befreiung von nicht bedeutsamen Aufgaben,<br />
Errichtung <strong>und</strong> Aktivierung einer dem Kollegium unmittelbar dienenden<br />
Stabsorganisation (z. B. B<strong>und</strong>eskanzlei), vor allem aber vielfache Entlastung der<br />
B<strong>und</strong>esratsmitglieder bei der Leitung ihrer Departemente.“ 29<br />
Diese grosszügige „Konvergenztheorie“ ist nicht gänzlich unproblematisch. Der<br />
Hongler-Bericht war nie Gegenstand der Wahlen-Befragung; das Dokument wurde<br />
den begrüssten Instanzen auch nicht als Arbeitsunterlage überreicht (was möglich<br />
<strong>und</strong> sinnvoll gewesen wäre). Nur der Kanton Glarus hat den HonglerBericht ausdrücklich<br />
erwähnt, <strong>und</strong> dies im ablehnenden Sinn. 30 (Die Glarner Arbeitsgruppe<br />
befürchtete bei einer „aufgewerteten“ Kanzlei eine zu grosse Abhängigkeit des<br />
Präsidenten vom Kanzler <strong>und</strong> befürwortete ein Präsidialdepartement. Zwischen<br />
einer aufgewerteten Kanzlei <strong>und</strong> einem Präsidialdepartement besteht ein erheblicher<br />
Unterschied; denn die Wahl des Kanzlers ist der Regierung entzogen.) – Abklärungen<br />
von Delley über die von den Kantonalkommissionen benutzte Dokumentation<br />
ergaben, dass kein Kanton den Hongler-Bericht als Arbeitsunterlage nannte.<br />
31 – Der Hongler-Bericht besitzt keineswegs jene überwältigende Überzeugungskraft,<br />
dass vermutet werden dürfte, bei Kenntnis des Berichts hätten ihm die meisten<br />
Arbeitsgruppen zugestimmt. Die vorgeschlagene „Kanzleraufwertung“ führt<br />
nämlich zu einer ambivalenten <strong>und</strong> wenig durchsichtigen Konstellation auf Regierungsebene.<br />
32<br />
An anderer Stelle erklärt die Wahlen-Kommission schlicht, dass die von der<br />
Hongler-Gruppe initierten Reformen auf eine Optimallösung zusteuerten <strong>und</strong> dass<br />
eine Totalrevision einer solchen erfreulichen Entwicklung den Weg nicht verbauen<br />
dürfe. Über die Stellung des B<strong>und</strong>espräsidenten führte die Kommission unter anderem<br />
aus:<br />
„Der B<strong>und</strong>esrat hat denn auch, ohne dass hiefür das B<strong>und</strong>esgesetz über die<br />
Organisation der B<strong>und</strong>esverwaltung vom 26. März 1914 hätte revidiert werden<br />
müssen, seit 1968 laufend Änderungen getroffen <strong>und</strong> die Position des B<strong>und</strong>espräsidenten<br />
als Verhandlungsleiter gestärkt. Bis allenfalls neues Verfassungsrecht<br />
ergeht, kann das Optimum bereits erreicht sein. Das Verfassungsrecht hat<br />
dann dafür besorgt zu sein, dass es Verbesserungen nicht schmälert oder hindert.<br />
Es wird sich mit abstrakten Richtnormen begnügen können.“ 33<br />
28 Bericht <strong>und</strong> Gesetzesentwurf der Expertenkommission für die Totalrevision des B<strong>und</strong>esgesetzes über<br />
die Organisation der B<strong>und</strong>esverwaltung, September 1971 (zitiert als „Huber-Bericht“).<br />
29 SB S. 506. 30 GL 78.<br />
31 Delley, op. cit., S. 14–17.<br />
32 Zur Kritik am Hongler-Bericht siehe unten S. 172–177.<br />
33 SB S. 532 f.