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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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182<br />

d) Die Reformen im Militärdepartement<br />

Im Jahre 1964 brach wegen Kostenüberschreitungen bei der Beschaffung des modernen<br />

Kampfflugzeuges Mirage III S eine Krise aus, welche offenk<strong>und</strong>ig machte,<br />

dass nicht nur die Kontrollkapazität des Parlaments gegenüber der Exekutive, sondern<br />

auch jene des B<strong>und</strong>esratskollegiums <strong>und</strong> des zuständigen Departementschefs<br />

gegenüber der Militärbürokratie ungenügend war oder gänzlich versagte. 32<br />

Die Mirage-Affäre darf als eines der wesentlichen auslösenden Momente für die<br />

verschiedenen inkrementalistischen Reformen angesehen werden, die wir beschrieben<br />

haben. Das Parlament versuchte seine Kontrollinstrumente gegenüber<br />

der Exekutive auszubauen, die Regierung schritt zur „Kanzleraufwertung“ <strong>und</strong> weiteren<br />

Massnahmen, die ihr mehr Zeit für die Wahrnehmung der Regierungsfunktion<br />

verschaffen <strong>und</strong> ihre innere Kohärenz verbessern sollten. Die radikalsten Neuerungen<br />

erfuhr jedoch das Militärdepartement selbst. 33 Der Ausbau der hierarchischen<br />

Stufe zwischen den einzelnen Ämtern <strong>und</strong> dem Departementschef verringerte die<br />

Zahl der Verwaltungseinheiten, welche diesem direkt unterstellt sind. Neue Stabs<strong>und</strong><br />

Koordinationsorgane wurden eingeführt oder neu konzipiert. Ausserdem sollten<br />

moderne Techniken der Entscheidungsrationalisierung das Verfahren bei der Beschaffung<br />

komplexer Waffensysteme verbessern.<br />

In den Schlussfolgerungen seines Buches über die Mirage-Affäre weist Urio auf die<br />

Problematik hin, welche dadurch entsteht, dass ein Subsystem, das Militärdepartement,<br />

modernisiert wird, während andere Systemteile, wie beispielsweise<br />

das Parlament, daran gehindert werden, eine ähnliche Entwicklung nachzuvollziehen.<br />

34 Beschränkt man die Betrachtung ausschliesslich auf das Eidg. Militärdepartement,<br />

so dürfen die dort vorgenommenen Neuerungen wohl kaum als<br />

„inkrementalistisch“ bezeichnet werden. Mit Blick auf das ganze Regierungssystem<br />

besitzen jedoch Reformen innerhalb eines einzigen Departements, selbst wenn sie<br />

relativ radikal ausgefallen sind, durchaus inkrementalistischen Charakter. Die Entwicklung<br />

seit der Mirage-Affäre legt die Vermutung nahe, dass radikale, aber auf<br />

ein Departement beschränkte Reformen die Probleme dieses Departements nicht<br />

zu lösen vermögen. Solange eine modernisierte Verwaltungseinheit Teil eines archaisch<br />

organisierten Gesamtsystems ist, dürfte der Modernisierungseffekt gering<br />

sein. Schumann argumentierte, dass Parlament <strong>und</strong> Regierung im Jahre 1969<br />

kaum wesentlich besser informiert waren über Schwierigkeiten <strong>und</strong> Verzögerungen<br />

bei der Errichtung des RadarFrühwarnsystems „Florida“, als sie es beim Mirage-<br />

Handel waren. 35 – Die Bemühungen seit 1966, ein Erdkampfflugzeug zu beschaffen,<br />

verstärken vollends den Eindruck, dass es nicht ausreicht, Struktur <strong>und</strong> Verfahren<br />

in einem einzigen Departement zu rationalisieren. Im August 1972 demissionierte<br />

der Rüstungschef, Inhaber eines 1968 geschaffenen Spitzenpostens im Militärdepartement,<br />

<strong>und</strong> nannte als Begründung die Unentschlossenheit des B<strong>und</strong>esrates<br />

in<br />

32 Über den Verlauf der Mirage-Affäre siehe: Urio, op. cit., S. 87–167.<br />

33 Siehe dazu: Urio, op. cit., S. 181–205.<br />

34 Urio, op. cit., S. 220 ff.<br />

35 Schumann, op. cit., S. 205 f.

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