Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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kehrungen der französischen Verfassung von 1958. Zusammen mit andern Faktoren<br />
dürfte die Ausgestaltung des Kanzleramtes, das konstruktive Misstrauensvotum<br />
<strong>und</strong> die Sperrklausel in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland dazu beigetragen<br />
haben, dass sich Missstände der Weimarer Republik nicht wiederholten. Unsere<br />
Diskussion über die in der Schweiz praktizierte inkrementalistische Reformstrategie<br />
legt eine weitere Annahme nahe:<br />
Annahme 2<br />
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich durch <strong>Verfassungsreform</strong> angestrebte Erfolge<br />
einstellen, wird erhöht, wenn die einzelnen politischen Institutionen wie Parlament,<br />
Regierung, Wahlrecht <strong>und</strong> Referendum geplant, koordiniert <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
verändert werden.<br />
Beinahe selbstverständlich ist unsere letzte Annahme:<br />
Annahme 3<br />
Die Erfolgswahrscheinlichkeit hängt unter anderem von der konkreten Ausgestaltung<br />
des Massnahmenpaketes ab.<br />
4. Zielsystem <strong>und</strong> Massnahmenbündel<br />
a) Das Zielsystem<br />
Die Ausführungen in den vorangehenden drei Kapiteln, welche eine reformrelevante<br />
Definition der Ausgangslage zu leisten versuchten, legen nahe, in einer Totalrevision<br />
der B<strong>und</strong>esverfassung zwei allgemeine Zielwerte zu verfolgen: die Verbesserung<br />
der Demokratiequalität <strong>und</strong> die Erhöhung der staatlichen Steuerungskapazitäten.<br />
Diese Formulierung der Reformziele ist zugegebenermassen vage <strong>und</strong> nichtoperational.<br />
Auf dem Hintergr<strong>und</strong> der gebotenen Analyse mag man indessen einräumen,<br />
dass die Forderung, die Qualität der schweizerischen Demokratie zu verbessern<br />
<strong>und</strong> die staatlichen Steuerungskapazitäten zu erhöhen, nicht mehr eine<br />
reine Leerformel darstellt, sondern bereits gewisse Konturen aufweist.<br />
Es gibt Zielwerte, die nicht operationalisierbar sind, bei denen es schwerlich vorstellbar<br />
ist, dass man aus ihnen überzeugend <strong>und</strong> zwingend operationale Zielaussagen<br />
ableiten kann. 1 Verbesserung der Demokratiequalität <strong>und</strong> der Steuerungskapazitäten<br />
sind solche allgemeinen Werte. Ein rationales Reformunternehmen<br />
bedarf aber operationalisierter Zielaussagen, <strong>und</strong> die rationale Totalrevision<br />
einer Verfassung verlangt nach „relativ umfassenden operationalisierbaren<br />
Zielen“. 2 Es bleibt uns nichts anderes übrig, als ein operationales Zielsystem vorzuschlagen,<br />
von dem mit guten Gründen unterstellt werden darf, dass es in der Tat<br />
geeignet ist, die beiden allgemeinen Zielwerte zu fördern. Die niemals gänzlich<br />
aufhebbare Kluft zwischen den allgemeinen Werten <strong>und</strong> dem konkreten Reformziel<br />
werden wir im nächsten Kapitel über die Modellevaluation zu verringern suchen,<br />
indem wir jene Argumente anführen, welche das konkrete Ziel als mögliches Mittel<br />
zur Förderung der beiden allgemeinen Zielwerte plausibel machen. Die beiden<br />
Allgemeinziele sollen im weitern bei der<br />
1 Über nichtoperationalisierbare allgemeine Zielwerte siehe: Naschold, op. cit., S. 55.<br />
2 Siehe oben S. 21 ff.