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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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210<br />

(4) Es ist nicht zu erwarten, dass das bipolare Modell die Einflussmöglichkeiten der<br />

organisierten Interessen radikal einzuschränken vermag. Zwar ist den Verbänden<br />

die Referendumsdrohung als Pressionsinstrument genommen, doch wäre es verfehlt,<br />

das Referendum als die wichtigste Gr<strong>und</strong>lage von Verbandsmacht in der<br />

Schweiz anzusehen. Den Interessenorganisationen stehen auch ohne Referendum<br />

genügend Ressourcen zur Verfügung, um sich Gehör zu verschaffen <strong>und</strong> ihren<br />

Standpunkten günstige Durchsetzungschancen zu verleihen. – Das Modell dürfte<br />

es den Verbänden jedoch erschweren, unter faktischer Umgehung der politisch<br />

verantwortlichen Entscheidungsträger ihre Konzeptionen durchzusetzen oder die<br />

unter sich ausgehandelten Kompromissformeln den formellen politischen Instanzen<br />

als „Sachzwänge“ aufzuerlegen. Die Verhandlungsposition von Parlament <strong>und</strong><br />

Regierung gegenüber den Verbänden würde verbessert, ihre Stellung als Schiedsrichter<br />

im Konflikt divergierender Interessen gestärkt.<br />

Das Modell hat die Chance, Verbandsmacht in Schranken zu halten, indem es den<br />

Interessengruppen starke, zentralisierte Parteien als „countervailing powers“ entgegensetzt.<br />

Das Regierungssystem soll dadurch grössere Autonomie gegenüber dem<br />

allgemeinen sozio-ökonomischen System erhalten. Die Erwartung ist berechtigt,<br />

dass über Parteiensystem, Parlament <strong>und</strong> Regierung vermehrt auch nichtorganisierte<br />

Interessen artikuliert <strong>und</strong> schliesslich durchgesetzt werden. – Wir gehen hier<br />

von der Vorstellung aus, dass das „Gemeinwohl“ nicht einfach darin bestehen darf,<br />

die organisierten Interessen zu befriedigen, sondern dass es wesentliche Interessen<br />

gibt, die nicht organisiert sind <strong>und</strong> sich schwerlich organisieren lassen. Mit<br />

andern Worten, wir erwarten von der vorgeschlagenen Reform ein höheres Wertberücksichtigungspotential<br />

des politischen Systems. Nicht nur organisierte Interessen<br />

– <strong>und</strong> unter ihnen im besondern die status-quo-orientierten – sollen eine vernünftige<br />

Durchsetzungschance besitzen.<br />

(5) Das vorgeschlagene Verfassungsmodell bildet eine gute Gr<strong>und</strong>lage, auf welcher<br />

mit einer inkrementalistischen Reformstrategie besonders im Hinblick auf eine Verbesserung<br />

der Demokratiequalität weitergearbeitet werden kann. Auf dem Gesetzeswege<br />

können Standards aufgestellt werden, welche Oligarchietendenzen innerhalb<br />

der Parteien entgegenwirken <strong>und</strong> ein grosszügiges Mass an parteiinterner<br />

Demokratie sicherstellen. Bürger sollen die Möglichkeit haben, nach Neigung <strong>und</strong><br />

Fähigkeit sich sinnvoll an den Meinungsbildungsprozessen innerhalb der Partei<br />

ihrer Wahl zu beteiligen. – Die Autonomie der Parteien kann gefördert werden<br />

durch die Offenlegung ihrer Finanzen, durch die Plafonierung ihrer Wahlkampfausgaben<br />

<strong>und</strong> vor allem durch staatliche Finanzierung. – Um den Wählern einen möglichst<br />

rationalen Wahlentscheid zu ermöglichen, können die Parteien dazu verhalten<br />

werden, ihre Ziele soweit irgendwie möglich in operationalisierter Form darzulegen<br />

<strong>und</strong> sie mit Angaben über die erforderlichen Mittel zu versehen. 36<br />

36 Über das Verhältnis zwischen parteiinterner Demokratie <strong>und</strong> Parteiprogrammen, die einen rationalen<br />

Wählerentscheid ermöglichen, siehe Flohr, op. cit., S. 132 ff.

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