11.01.2015 Aufrufe

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

128<br />

sionally accompanied by polemics for the adoption of the author’s preferred<br />

reforms of the political system. 26<br />

Die Botschaft ist klar: Interesse an formalen Institutionen, Zweifel an der Feststellbarkeit<br />

nichttrivialer Gesetzmässigkeiten im Bereich des Sozialen, Werturteile <strong>und</strong><br />

reformerischer Impetus sind altmodisch <strong>und</strong> vorwissenschaftlich. Die Behavioristen<br />

verbannten indessen die formalen Institutionen nicht gänzlich aus ihrem Interessenkreis.<br />

Schliesslich können Institutionen als Variablen aufgefasst <strong>und</strong> ihre Beziehungen<br />

zu andern Variablen untersucht werden. Prominente amerikanische Politologen<br />

haben nun die Vermutung geäussert <strong>und</strong> empirisches Material beizubringen<br />

versucht, dass formale Institutionen einen eher geringen Einfluss auf das politische<br />

Geschehen ausübten, dass die Leistungen eines politischen Systems nur marginal<br />

von der Anordnung der Institutionen abhängen würden. Als die eigentlich erklärenden<br />

Faktoren treten dafür der wirtschaftliche Entwicklungsgrad, die politische Kultur,<br />

die Anordnung der Konfliktslinien <strong>und</strong> ähnliche Variablen in Erscheinung. Im<br />

folgenden seien einige Beispiele dieses Trends aufgeführt.<br />

Robert A. Dahl geht von der Feststellung aus, dass jene politischen Systeme, die er<br />

„Polyarchien“ nennt, verblüffend ähnliche Verfassungen aufweisen, dass somit die<br />

Variable „Verfassung“ ohnehin nur innerhalb sehr enger Grenzen variiere. Als<br />

Hauptgr<strong>und</strong> für diesen Umstand führt er an, dass Merkmale <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />

grosser polyarchischer Gesellschaften eben nur eine geringe Variation der Verfassungsvariablen<br />

zulasse. Verfassungsregeln seien nicht wesentliche, unabhängige<br />

Faktoren für die Erhaltung von Demokratie; vielmehr schienen diese Regeln selbst<br />

Funktionen von tieferliegenden nicht-konstitutionellen Faktoren zu sein. Weder<br />

würden Verfassungsregeln eine Herrschaft der Mehrheit sicherstellen, noch vor<br />

Mehrheitstyrannei bewahren. Dahl räumt immerhin ein, dass Verfassungsregeln<br />

insofern bedeutsam sind, als sie festlegen, welche Gruppierungen im politischen<br />

Kampf bevorzugt oder benachteiligt sind. 27 – Auch Seymour Martin Lipset unterstreicht<br />

die marginale Bedeutung von Verfassungsarrangements. Wesentlich für die<br />

Erhaltung der Demokratie sei, dass Konfliktslinien in der Gesellschaft nicht parallel<br />

laufen, sondern sich überschneiden. Normalerweise würden Zweiparteiensystem,<br />

Majorzwahlrecht mit Einerwahlkreisen <strong>und</strong> Föderalismus diesen glücklichen Zustand<br />

befördern. Doch sofern die gr<strong>und</strong>legenden sozialen Gegebenheiten der Demokratie<br />

günstig seien, würden auch Vielparteien- <strong>und</strong> Proporzsystem sowie ein<br />

Einheitsstaat keinen grossen Schaden anrichten. 28 – In einem (methodisch allerdings<br />

nicht sehr rigorosen) Artikel verglich William H. Riker paarweise 12 Staaten,<br />

wobei er jeweils einen formellen Einheitsstaat einer formellen Föderation mit ähnlicher<br />

politischer Kultur gegenüberstellte, <strong>und</strong> kam zum Schluss, dass verfassungsmässige<br />

Föderationen keineswegs besser imstande sind als Einheitsstaaten, regionale<br />

Verschiedenheit <strong>und</strong> Autonomie zu respektieren oder zu fördern. In einem Fall<br />

stellte er sogar einen kontraproduktiven Effekt von Föderalismus im Hinblick<br />

26 M. Margaret Conway/Frank B. Feigert, Political Analysis. An lntroduction, Allyn and Bacon, Boston<br />

1972,S. 10.<br />

27 Robert A. Dahl, A Preface to Democratic Theory, University of Chicago Press, Chicago 1956, 10.<br />

Auflage 1968, S. 135 ff.<br />

28 Seymour Martin Lipset, Political Man. The Social Bases of Politics, Doubleday (Anchor Books), Garden<br />

City/N.Y. 1963 (1. Auflage 1960), S. 80 ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!