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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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zwängen bedienen. Schätzt man den wegen des Kantonsreferendums möglichen<br />

Konkordanzdruck als schwach ein, so kann die Institution beibehalten werden. Bei<br />

weniger optimistischer Einschätzung müsste man das Kantonsquorum auf beispielsweise<br />

zwölf anheben. Da das Kantonsreferendum bisher unbenützt blieb,<br />

wäre auch dessen gänzliche Beseitigung zu erwägen.<br />

(4) Das obligatorische Referendum<br />

Die Bestimmung, wonach für eine Verfassungsänderung die Mehrheit von Volk <strong>und</strong><br />

Ständen notwendig ist, muss im Zusammenhang mit Artikel 3 der B<strong>und</strong>esverfassung<br />

gesehen werden, der für jede Ausweitung der B<strong>und</strong>eskompetenzen<br />

eine Verfassungsänderung verlangt. Die beiden Verfassungsbestimmungen zusammen<br />

machen zahlreiche obligatorische Volkabstimmungen notwendig. Darin<br />

liegt ein ausserordentlich wirksamer Konkordanzdruck. Besonders bei wichtigen,<br />

neue Materien betreffenden Gesetzgebungsprojekten muss in der ersten Verfahrensphase,<br />

welche die erforderlichen B<strong>und</strong>eskompetenzen bereitstellen soll, eine<br />

Volksabstimmung durchgeführt werden. Damit eine solche Abstimmung Erfolgsaussichten<br />

besitzt, muss vorgängig eine Kompromissformel gef<strong>und</strong>en werden,<br />

die für alle „referendumsfähigen“ Gruppen annehmbar ist. Wird eine Gruppe im<br />

Bargaining-Prozess nicht befriedigt, die genügend Ressourcen besitzt, um ihren<br />

Standpunkt im Abstimmungskampf propagandistisch wirksam zur Geltung zu bringen,<br />

so erscheint eine Partialrevision <strong>und</strong> die auf ihr aufbauende Gesetzgebung als<br />

gefährdet. Mit andern Worten: die konservativste noch referendumsfähige Gruppe<br />

muss befriedigt sein, wenn ein Gesetzgebungsprojekt, das eine Partialrevision der<br />

Verfassung voraussetzt, durchführbar sein soll. Eine hypothetisch gedachte „progressive“<br />

Regierungsmehrheit wäre wegen der Verfassungsartikel 3 <strong>und</strong> 121 in<br />

zahlreichen Fällen <strong>und</strong> gerade dort, wo es um neue Materien ginge, auf die Mitarbeit<br />

der „konservativen“ Opposition angewiesen.<br />

Wir schlagen vor, dass der beschriebene Konkordanzzwang nicht durch Beseitigung<br />

der Volksabstimmung bei Partialrevisionen, sondern durch Änderung von<br />

Artikel 3 der B<strong>und</strong>esverfassung abgebaut wird. Diese Bestimmung ist so umzugestalten,<br />

dass die Notwendigkeit für Partialrevisionen erheblich verringert wird. Zu<br />

denken wäre an die Übernahme der westdeutschen Formel (Reservierung von<br />

B<strong>und</strong>eskompetenzen einerseits <strong>und</strong> von Gliedstaatenkompetenzen anderseits mit<br />

einem dazwischen liegenden breiten Feld von konkurrierenden Kompetenzen).<br />

Einfacher wäre die schlichte Umkehrung der Kompetenzvermutung zugunsten des<br />

B<strong>und</strong>es mit Enumeration der Kantonskompetenzen. In beiden Fällen müssten aber<br />

die Kantonskompetenzen ziemlich restriktiv formuliert werden, um die Zahl notwendiger<br />

Partialrevisionen wirksam zu verringern. Erwogen könnte auch die gänzliche<br />

Beseitigung von Kompetenzreservaten werden; B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Kantone hätten konkurrierende<br />

Gesetzgebungsbefugnisse unter Vorbehalt des Satzes: „B<strong>und</strong>esrecht<br />

bricht kantonales Recht.“ Die letztere Lösung würde den Verfassungsgesetzgeber<br />

der komplizierten Aufgabe entheben, Kompetenzkataloge zu erstellen. Zudem würde<br />

der Verfassungstext erheblich vereinfacht.

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