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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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abhängig bleibt, ist wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Das gleiche gilt für das Regierungskollegium,<br />

das sich als Clearingstelle für „Hauspolitik in siebenfacher Ausfertigung“<br />

versteht. Ein nicht-professionalisiertes Parlament kann nur in beschränktem<br />

Ausmass Dienstleistungen eines Stabes konsumieren. Solange Landesparteien<br />

noch den Charakter von „Tagsatzungen“ haben, sind nationale Parteisekretariate<br />

der Isolierung ausgesetzt. – Der Huber-Bericht billigte den annähernd 400 ausserparlamentarischen<br />

Kommissionen, die mehrere Tausend Personen umfassen, zu,<br />

dass sie „funktionell Stabsstellen für Departemente oder Ämter“ seien. 38 Diese<br />

Einschätzung muss mit Vorbehalten versehen werden. Unter dem Einfluss von<br />

Referendumsinstitution <strong>und</strong> Interessen-Bargaining haben zahlreiche dieser Kommissionen<br />

die Tendenz, sich von ihrem Kreationsorgan selbständig zu machen. Ein<br />

Indiz für diese Verselbständigungstendenz ist die Tatsache, dass einmal geschaffene<br />

Kommissionen praktisch nicht mehr aufgelöst werden können oder sich durch<br />

„Anschluss-Kommissionen“ zu perpetuieren vermögen. 39<br />

Stäbe oder Experten mit einem Leitungsorgan nach dem Muster des pragmatischen<br />

Modells zu verbinden, ist in der Schweiz ausserordentlich schwierig. Das Entscheidungsverhalten<br />

schwankt vielmehr zwischen der dezisionistischen <strong>und</strong> der technokratischen<br />

Variante. 40<br />

3. Das Ungenügen der inkrementalistischen Reformstrategie<br />

Akzeptiert man die in den beiden vorangehenden Kapiteln gebotene Charakterisierung<br />

der Ausgangslage, so stellt sich sogleich die Frage, ob erhebliche Verbesserungen<br />

mit einer inkrementalistischen Reformstrategie erreicht werden können.<br />

Kann die Qualität der Demokratie oder die Leistungsfähigkeit des Staatsapparates<br />

signifikant verbessert werden, indem einzelne Institutionen zwar geringfügig<br />

modifiziert, das Institutionengefüge in seinen grossen Zügen jedoch unverändert<br />

belassen wird<br />

Schon Max Imboden wies darauf hin, dass allzu geringfügige Neuerungen kaum die<br />

erhoffte Wirkung haben dürften: „Die Gefahr besteht, den Kreis der Reformen von<br />

Anfang an zu eng zu ziehen.“ 1 Yehezkel Dror betont, dass Änderungsmassnahmen<br />

in einem System meist einen bestimmten Intensitätswert erreichen müssen, um<br />

Auswirkungen auf die gesamte Funktionsweise des Systems haben zu können.<br />

Werde dieser Schwellenwert nicht erreicht, so würden sich andere Teile des Systems<br />

derart ajustieren, dass sie die Reformmassnahme neutralisierten oder gar<br />

kontraproduktive Resultate hervorriefen. 2 – In seiner Diskus-<br />

38 Huber-Bericht, S. 39.<br />

39 Die Zahl der Kommissionen des B<strong>und</strong>es scheint nicht bekannt zu sein. Der Huber-Bericht (S. 39) <strong>und</strong><br />

der Geschäftsbericht des B<strong>und</strong>esrates über das Jahr 1972 vom 28.2.1973 (S. 1) sprechen von „weit<br />

über 200 Kommissionen“. Der Geschäftsbericht fügt hinzu, dass jährlich zwei bis drei Dutzend neue<br />

Kommissionen hinzu kämen. In der nationalrätlichen Debatte über den Geschäftsbericht vom<br />

19.6.1973 nannte Nationalrat Ketterer die Zahl von 367 Kommissionen „mit mehreren tausend Experten<br />

<strong>und</strong> zum Teil Pseudoexperten“ (NZZ, Nr. 279, 20.6.1973, S. 23).<br />

40 Siehe oben S. 134 f.<br />

1 I mboden, Malaise (op. cit.), S. 39.<br />

2 Dror, op. cit., S. 156.

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