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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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lieren <strong>und</strong> schliesslich einzubürgern, wird durch die „direkte Demokratie“ sicherlich<br />

nicht vereinfacht. Schon die Schwarzenbach-Initiative von 1970 führte an den Rand<br />

einer Staatskrise.<br />

b) Verbesserung der Demokratiequalität<br />

(1) das bipolare Modell beansprucht nicht, die bestmögliche Demokratie zu verwirklichen,<br />

es will nur, was die schweizerische Demokratie betrifft, eine Verbesserung<br />

gegenüber dem Status quo erzielen. Die Gr<strong>und</strong>überlegung ist einfach: Nachdem<br />

die direktdemokratischen Partizipationsrechte der Bürger entwertet worden sind<br />

<strong>und</strong> die Akzente sich von der Gesetzgebung auf Regierung <strong>und</strong> Verwaltung verlagert<br />

haben, ist es naheliegend, eine wirksame Einflussnahme der Bürger auf die<br />

Regierungsbildung zu postulieren.<br />

Der Verfasser ist der Meinung, dass es auf inkrementalistischem Wege, das heisst<br />

ohne Antastung der wesentlichen derzeitigen Systemstrukturen, nicht möglich ist,<br />

eine „Verwesentlichung der Demokratie“ zu erzielen. Eine inkrementalistische Strategie<br />

der Demokratiereform in der Schweiz müsste postulieren, dass es generelle,<br />

allgemein gültige Kriterien gibt, nach welchen aprioristisch die „wichtigen“, dem Volk<br />

in Sachabstimmungen vorzulegenden Staatsakte von den „sek<strong>und</strong>ären“ geschieden<br />

werden können. Solche Kriterien wurden bisher von niemandem namhaft gemacht,<br />

zudem sprechen theoretische <strong>und</strong> praktische Gründe dafür, dass es sie überhaupt<br />

nicht geben kann. 33 Das bipolare Modell sucht nicht nach einer imaginären Zauberformel,<br />

welche „wichtige“ Sachfragen von „unwichtigen“ zu scheiden vermag, sondern<br />

schafft institutionelle Zwänge, damit wenigstens ein Partizipationsakt der Bürger<br />

überragende Bedeutung erhält: die Parlamentswahl. Durch sie soll entschieden<br />

werden, welche von zwei konkurrierenden Parteien die alleinige Regierungsverantwortung<br />

übernimmt <strong>und</strong> welches von zwei Programmen verwirklicht werden soll. –<br />

Nach Schumpeter ist Demokratie „diejenige Ordnung der Institutionen zur Erreichung<br />

politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis<br />

vermittels eines Konkurrenzkampfs um die Stimmen des Volkes erwerben“.<br />

34 Wir huldigen dieser „revisionistischen“ Demokratietheorie nicht; Demokratie<br />

ist nicht nur Konkurrenz politischer Eliten um Wählerstimmen zum Zwecke<br />

der Machtgewinnung. Aber wir sind der Meinung, dass der Bürger in einer Demokratie<br />

wenigstens muss auswählen können, welche der um Stimmen konkurrierenden<br />

Mannschaften regieren soll. In einer permanenten Allparteienregierung hat er<br />

diese Auswahlmöglichkeit nicht, genau so wenig wie in einem Einparteienregime. 35<br />

33 Siehe oben S. 106.<br />

34 Joseph A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus <strong>und</strong> Demokratie, München, 3. Auflage 1972 (aus<br />

dem Amerikanischen, 1. Auflage 1942), S. 428.<br />

35 Nach Schumpeter kann Elitenkonkurrenz um Wählerstimmen mehr oder weniger eingeschränkt sein.<br />

Je mehr sie beschränkt sei, desto mehr nähere sich die demokratische Regierungsmethode der autokratischen<br />

an. Der Übergang von der einen zur andern sei fliessend (op. cit., S. 431). Zur Herstellung<br />

einer optimalen Konkurrenzsituation empfiehlt auch Schumpeter die Majorzwahl (S. 433).

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