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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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diesen Ausschluss der wirtschaftlichen Organisationen durch. Dieses be-wusste<br />

Abseitsstellen der wirtschaftlichen Organisationen, meint die Neue Zürcher Zeitung,<br />

gestatte den Parteien, ,sich im Sinne ihrer ursprünglichen staatspolitischen<br />

Zweckbestimmung zu betätigen <strong>und</strong> zu bestätigen’, <strong>und</strong> die Basler Nachrichten<br />

sind beglückt darüber, dass endlich einmal ein Vernehmlassungsverfahren stattfinde,<br />

das die Verbände nicht einbeziehe.<br />

Wenn man die Bemühungen um eine Totalrevision der B<strong>und</strong>esverfassung als<br />

eine reine ,Sandkastenübung’ auffasst, mag es durchaus hingehen, die Organisationen<br />

der Unternehmer <strong>und</strong> die Gewerkschaften von der Mitarbeit auszuschliessen.<br />

Wird aber versucht, realisierbare Vorschläge auszuarbeiten, dann ist<br />

dieses Vorgehen unverständlich. In einem Lande, in dem mit Willen des Gesetzgebers<br />

so viele Aufgabenbereiche (Gesamtarbeitsverträge, Friedensabkommen,<br />

verbandliche <strong>und</strong> betriebliche Sozialversicherung usw.) <strong>und</strong> Ordnungsfunktionen<br />

den Verbänden übertragen sind <strong>und</strong> in dem ohne Mitwirkung<br />

<strong>und</strong> Sachwissen der Verbände viele staatliche Aufgaben faktisch unlösbar erscheinen,<br />

kann eine Totalrevision der B<strong>und</strong>esverfassung nicht ohne Mitwirkung<br />

der Unternehmerverbände <strong>und</strong> Gewerkschaften vorgenommen werden, insbesondere<br />

wenn dabei die Wirtschaftsordnung, die Sozialrechte, das Verhältnis<br />

der Sozialpartner zueinander, ja sogar die Schaffung eines Wirtschaftsrates diskutiert<br />

werden sollen.<br />

Man kommt um den Eindruck nicht herum, die Totalrevision werde von formalstaatsrechtlichen<br />

Kriterien aus angegangen, die den gesellschaftlichen Kräften<br />

der sich abzeichnenden modernen Industrie- <strong>und</strong> Konsumgesellschaft kaum<br />

Rechnung tragen <strong>und</strong> damit der neuen Zeit nicht mehr entsprechen. Es wird dabei<br />

offensichtlich von der Vorstellung ausgegangen, die Parteien <strong>und</strong> die Kantone<br />

allein seien politischen Gr<strong>und</strong>satzdenkens mächtig <strong>und</strong> nur sie könnten im<br />

Ausgleich widerstrebender Interessen das für das Gemeinwohl Richtige <strong>und</strong><br />

Wichtige herausarbeiten, während die Organisationen der Wirtschaft <strong>und</strong> der<br />

Gewerkschaften samt <strong>und</strong> sonders lediglich gruppenegoistische Gebilde seien,<br />

nicht fähig gr<strong>und</strong>sätzlichen politischen Er-wägens <strong>und</strong> Abwägens. Dabei ist es<br />

doch offenk<strong>und</strong>ig, dass schon in der Vergangenheit die wirtschaftlichen Organisationen<br />

ebensosehr die politische Ordnung der Schweiz mitgetragen haben<br />

wie die politischen Parteien <strong>und</strong> dass die zukünftigen Aufgaben der modernen<br />

Industrie- <strong>und</strong> Konsumgesellschaft noch weniger auf der Gr<strong>und</strong>lage rein kantonalen<br />

<strong>und</strong> parteipolitischen Denkens gelöst werden können als bisher.“ 11<br />

Am 4. Dezember 1967 richtete der Vorort des Schweizerischen Handels- <strong>und</strong> Industrievereins<br />

ein Schreiben an den Kommissionspräsidenten Wahlen mit Kopie an<br />

den Vorsteher des Eidg. Justiz- <strong>und</strong> Polizeidepartements, B<strong>und</strong>esrat Ludwig von<br />

Moos, <strong>und</strong> beanstandete, dass der Verband in das Revisionsverfahren nicht einbezogen<br />

worden sei:<br />

„Leider ist der Vorort als Spitzenorganisation von Handel <strong>und</strong> Industrie nicht begrüsst<br />

worden. Wie Ihnen bekannt ist, befassten wir uns stets einläss-lich mit<br />

Verfassungsfragen im Zusammenhang mit Fragen der Staats- <strong>und</strong> Wirtschaftspolitik.<br />

Dabei haben wir uns immer wieder bemüht, einen im Allgemeininteresse<br />

liegenden Standpunkt einzunehmen <strong>und</strong> in erster Linie<br />

11 Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, Nr. 49, 7. 12. 67, S. 957 f.

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