11.01.2015 Aufrufe

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

225<br />

terhin abbröckelt. In diesem Falle könnten Ansprüche auf Beteiligung weiterer Parteien<br />

an der Regierung <strong>und</strong> auf Erhöhung der B<strong>und</strong>esratszahl kaum mehr abgewehrt<br />

werden. – Die These, dass die meist profilschwachen Kleinparteien notwendig<br />

seien, um die „Vielfalt der Schweiz“ darzustellen, dürfte bei den drei grossen<br />

Parteien kaum auf vorbehaltlose Zustimmung stossen.<br />

In ihrem Wahlprogramm von 1971 hat sich die CVP aufgeschlossen gezeigt für<br />

eines der Gr<strong>und</strong>anliegen des bipolaren Modells, nämlich dass die Bürger über die<br />

Parlamentswahlen vermehrt auf die Regierungsbildung Einfluss nehmen sollen.<br />

Verlautbarungen dieser Partei bek<strong>und</strong>en ein Interesse an einer gr<strong>und</strong>legenden<br />

Wahlrechtsreform; doch nicht die relative Merheitswahl; sondern ein Wahlsystem<br />

westdeutscher Art wäre das Äusserste, was diese Partei noch unterstützen könnte.<br />

Mindestens einzelnen Kreisen der CVP erschiene eine Neuordnung der direktdemokratischen<br />

Institutionen im Sinne des bipolaren Modells als diskutabel. – Trotz<br />

der relativen Reformfreudigkeit der CVP wäre es verfehlt, von dieser Partei Unterstützung<br />

für das bipolare Modell zu erwarten. Ein zentrales Element des Modells,<br />

die Ständerats-Reform, wird auf die kategorische Ablehnung der CVP stossen, <strong>und</strong><br />

dies nicht nur aus historischen <strong>und</strong> ideologischen Gründen, sondern vor allem wegen<br />

der starken Präsenz dieser Partei in der Ständekammer. – Mit dem Schwinden<br />

der spezifisch religiös-konfessionellen Ausrichtung verliert die CVP einen wichtigen<br />

parteiinternen Integrationsfaktor; sie entwickelt sich zu einer sehr heterogenen<br />

Partei, die ein breites Tendenzenspektrum von links nach rechts umfasst. Die Polarisierungsmechanismen<br />

der neuen Verfassung würden sie einer Zerreissprobe<br />

aussetzen. Daher ist zu erwarten, dass die CVP dem bipolaren Modell mit grosser<br />

Skepsis gegenüberstehen wird.<br />

Die Freisinnig-demokratische Partei reichte der Wahlen-Kommission eine Statusquo-Vernehmlassung<br />

ein <strong>und</strong> zeigte sich auch sonst zurückhaltend mit Vorschlägen<br />

zur Staatsreform. Offenbar geht sie davon aus, dass die ihr nahestehenden Interessen<br />

im gegenwärtigen System am besten aufgehoben sind. Zwar standen die<br />

Vorläufer der FdP bei der B<strong>und</strong>esstaatsgründung im letzten Jahrh<strong>und</strong>ert dem Ständerat<br />

skeptisch gegenüber, <strong>und</strong> die Freisinnigen haben den Majorz bis 1919 gegen<br />

Sozialisten <strong>und</strong> Katholiken verteidigt. Trotzdem wird diese Partei das bipolare Modell<br />

schroff ablehnen. Ein signifikantes Anwachsen der SP dürfte ihr nicht genehm<br />

sein. Zudem wird sie befürchten, dass ihr die CVP beim Ringen um Einfluss im<br />

bürgerlichen Lager überlegen sain könnte; die FdP würde in diesem Falle – ähnlich<br />

wie die deutschen Freidemokraten oder die britischen Liberalen – zu einer Kleinpartei<br />

absinken. Ob eine solche Befürchtung angezeigt ist oder nicht, sei dahingestellt;<br />

jedenfalls vermochte die CVP – so scheint es – in jüngster Zeit eine grössere Dynamik<br />

zu entfalten als die FdP.<br />

Theoretisch gesehen müsste das bipolare Modell bei der Sozialdemokratischen<br />

Partei noch am ehesten auf eine gewisse Sympathie stossen. Die Zauberformel-<br />

Regierung <strong>und</strong> die etwas verworrene Kombination von „sektoriellem Opponieren“<br />

<strong>und</strong> „sektoriellem Mitregieren“ scheint im Innern der SP vermehrt zu Spannungen<br />

zu führen. Diese Partei stellt zudem fest, dass die bürgerlichen Parteien die sozialdemokratische<br />

Regierungsbeteiligung nur unter dem Vorbehalt zulassen, die sozialistischen<br />

Vertreter in der Regierung selbst bestimmen zu können (Wahl der B<strong>und</strong>esräte<br />

Tschudi 1959 <strong>und</strong> Ritschard 1973).- Das bi-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!