Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Im November 1969 erklärte Kommissionspräsident F. T. Wahlen, „dass die Totalrevision<br />
ein so langfristiges Unternehmen ist, dass dringende Partialrevisionen<br />
nicht aufgeschoben werden dürfen.“ 24 Max Imboden hatte sich im Februar 1969 in<br />
ähnlichem Sinne geäussert. 25<br />
Als notwendiges Korrelat zu solchen Erklärungen hätte festgehalten werden müssen,<br />
dass das Totalrevisionsunternehmen eine gewisse Unabhängigkeit von Teilreformen<br />
behalten müsse, dass nicht jede intervenierende Kleinstreform für die Totalrevision<br />
gleich einen präjudizierenden Charakter annehmen dürfe. Die Wahlen-<br />
Kommission traf jedoch keinerlei Absicherungen gegen die Präjudizkraft externer<br />
Kleinreformen, vielmehr anerkannte sie, was den uns interessierenden Bereich des<br />
„Regierungssystems“ betrifft, dass fast alle intervenierenden Teilreformen, selbst<br />
solche, die auf blosser Verordnungsstufe ergingen, als Prämissen für eine Totalrevision<br />
zu gelten hätten. Wo immer in jüngster Zeit Dereits staatsrechtliche Detailpflege<br />
betrieben worden war, konzedierte die Kommission, dass sie ausreichend<br />
sei. Dabei argumentierte sie häufig, dass die betreffende Teilreform erst kürzlich<br />
durchgeführt worden sei <strong>und</strong> man vorerst abwarten müsse, ob sie sich bewähre;<br />
eine Totalrevision solle diese „Bewährungsphase“ nicht stören.<br />
Die markantesten <strong>und</strong> für den Bereich des „Regierungssystems“ bedeutsamsten<br />
Beispiele von externen Teilreformbestrebungen, denen die Wahlen-Kommission<br />
umfassende Präjudizkraft zubilligte, sind die „Hongler-Kommission“ <strong>und</strong> die „Huber-<br />
Kommission“. 26 – Im Jahre 1965 hatte der B<strong>und</strong>esrat eine Expertenkommission<br />
unter dem Vorsitz von Otto Hongier, Direktor der „Zentralstelle für Organisationsfragen<br />
der B<strong>und</strong>esverwaltung“, eingesetzt <strong>und</strong> sie abzuklären beauftragt, „durch<br />
welche Massnahmen – bei Beibehaltung der heutigen Gliederung der B<strong>und</strong>esverwaltung<br />
in die B<strong>und</strong>eskanzlei <strong>und</strong> die sieben Departe-mente – der B<strong>und</strong>esrat einerseits<br />
von Verwaltungsaufgaben zugunsten seiner Regierungstätigkeit entlastet<br />
<strong>und</strong> anderseits in der Durchführung seiner Regierungsaufgaben unterstützt werden<br />
kann.“ Die Kommission lieferte ihren Bericht (im folgenden „Hongler-Bericht“ genannt<br />
27 ) im November 1967 ab. Er führte im wesentlichen zu einer „Aufwertung“<br />
der B<strong>und</strong>eskanzlei <strong>und</strong> zu deren Umfunktionierung in eine Stabsstelle von B<strong>und</strong>esrat<br />
<strong>und</strong> B<strong>und</strong>espräsident. – Im Oktober/November 1968 bestellte der B<strong>und</strong>esrat<br />
eine Nachfolge-Kommission unter dem Vorsitz von B<strong>und</strong>eskanzler Karl Huber, die<br />
weitgehend gleich zusammengesetzt war wie die „Hongler-Kommission“. Auftrag<br />
dieser neuen Kommission war es, dem B<strong>und</strong>esrat Vorschläge für eine Totalrevision<br />
des B<strong>und</strong>esgesetzes vom 26. März 1914 über die Organisation der B<strong>und</strong>esverwaltung<br />
sowie des entsprechenden B<strong>und</strong>esratsbeschlusses vom 17. November<br />
1914 zu unterbreiten. Später erhielt die Kommission die zusätzliche Aufgabe, auch<br />
das Problem der Zahl der B<strong>und</strong>esräte zu behandeln. Im September 1971 lieferte<br />
die Kommission ihren Schlussbericht sowie den Entwurf eines „B<strong>und</strong>esgesetzes<br />
über die Organisation <strong>und</strong> die Geschäftsführung des. B<strong>und</strong>esrates <strong>und</strong><br />
24 Neue Zürcher Zeitung, 6. 11. 1969.<br />
25 Basler Nachrichten, 14. 2. 1969.<br />
26 Siehe oben S. 84.<br />
27 Expertenbericht über Verbesserungen in der Regierungstätigkeit <strong>und</strong> Verwaltungsführung des B<strong>und</strong>esrates<br />
erstattet dem Schweizerischen B<strong>und</strong>esrat, November 1967 (zitiert als „Hongler-Bericht“).