Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Von den übrigen Mitgliedern der Wahlen-Kommission sind dem Autor keine expliziten<br />
Äusserungen über ihre Einstellung zum ganzen Revisionsunternehmen bekannt.<br />
Es darf indessen angenommen werden, dass keiner von ihnen das Engagement<br />
eines Max Imboden aufwies. Wahrscheinlich bestrich ihre Einstellung das<br />
Spektrum zwischen Skepsis <strong>und</strong> Indifferenz, <strong>und</strong> ihre Haltung liess sich auf Kurt<br />
Eichenbergers Formel bringen, wonach „sich irgend etwas tun müsse“, nachdem<br />
die Prozedur nun einmal angelaufen sei. Wie jedenfalls die bisherige Untersuchung<br />
aufwies, hat sich die Kommission bei ihren Entscheidungen über die Strukturierung<br />
der Verfassungsdebatte stets für die innovationsfeindlichere Variante entschieden.<br />
Parteipolitisch setzte sich die Wahlen-Kommission bis zum Ausscheiden Im-bodens<br />
wie folgt zusammen: 5 Freisinnigdemokraten, 2 Christlichdemokraten, 2 Sozialdemokraten<br />
<strong>und</strong> ein Mitglied der BGB-Partei. Nach Imbodens Tod war die CVP mit 3<br />
Leuten vertreten. Jene Parteien, die wir als „status-quo-orien-tiert“ ausgewiesen<br />
haben, waren somit immer in der Mehrzahl: zuerst im Verhältnis 6 : 4, später im<br />
Verhältnis 6 : 5. Stets waren die Sozialdemokraten schlechter vertreten, als sie es<br />
im Nationalrat oder im B<strong>und</strong>esrat sind. Die berufliche Zusammensetzung der Kommission<br />
zeigt, dass ausser dem Präsidenten sämtliche Mitglieder eine juristische<br />
Hochschulbildung aufwiesen <strong>und</strong> einen vorwiegend juristischen Beruf ausübten<br />
(drei Staatsrechtslehrer, drei Rechtsanwälte, zwei B<strong>und</strong>esrichter, der Vizedirektor<br />
der Eidg. Justizabteilung, der Staatsschreiber eines Kantons, der Rechtskonsulent<br />
eines Kantons). Wiederum vom Präsidenten abgesehen, übten nur die Herren<br />
Louis Guisan (Ständerat), Max Imboden (Nationalrat), Rene Meylan (Staatsrat) <strong>und</strong><br />
Hans Stadler (Staatsschreiber) haupt- oder nebenberufliche Tätigkeiten aus, die<br />
man als „politisch“ qualifizieren kann. Nach dem Tode Imbodens nahm kein Nationalrat<br />
mehr Einsitz in der Kommission.<br />
1969 betrug das Durchschnittsalter der Kommission vor dem Ausscheiden Imbodens<br />
54,2 Jahre <strong>und</strong> darnach 53,6. Das jüngste Mitglied, Rene Meylan, zählte 40<br />
Jahre <strong>und</strong> das älteste, F. T. Wahlen, 70 Jahre.<br />
b) Juristendominanz <strong>und</strong> Rollenkumulation<br />
Die Wahlen-Kommission war eine Juristenkommission, die im Fragenkatalog ein<br />
Dokument erstellte, das in erster Linie an Juristen gerichtet war. „Pflege des staatsrechtlichen<br />
Details“ ist zwangsläufig Juristensache. Zahlreiche Katalogfragen setzen<br />
nicht nur umfangreiche Kenntnisse von Verfassungsrecht <strong>und</strong> Verfassungspraxis<br />
voraus, sondern auch detaillierte Gesetzeskenntnisse, die in erster Linie bei<br />
spezialisierten Juristen <strong>und</strong> Berufspolitikern vorzufinden sind. Professor Kurt Eichenberger<br />
hat zwar ein gewisses interdisziplinäres Vorgehen bei der Totalrevision<br />
für wünschenswert erklärt, jedoch ausdrücklich einen Führungsanspruch der<br />
Rechtswissenschaft beim Revisionsunternehmen angemeldet:<br />
„So muss die Verfassungsgebung auf sicherer Basis stehen, die ihr die Wissenschaft<br />
durch Darlegung des Ist-Zustandes, durch Ideen- <strong>und</strong> Rechtsvergleich,<br />
durch Aufweis <strong>und</strong> Kritik möglicher Varianten für Einzelnes wie für Ganzes,<br />
durch kritische Würdigung formulierter Regelungen verschafft. Die Aufgabe