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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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abgeschätzt werden können. Referendumstechnische Überlegungen führen überdies<br />

dazu, einen möglichst engen <strong>und</strong> verklausulierten Kompetenzraum bereitzustellen,<br />

der in einem späteren Reformanlauf dann wieder erweitert werden muss.<br />

– Am 14. September 1969 wurden die Artikel 22ter <strong>und</strong> 22quater über Bodenrecht<br />

<strong>und</strong> Raumplanung in die B<strong>und</strong>esverfassung eingefügt, um dem B<strong>und</strong> raumplanerische<br />

Eingriffe zu ermöglichen. Bereits dreieinhalb Jahre später, als das Raumplanungsgesetz<br />

noch nicht verabschiedet war, befassten sich die drei grossen B<strong>und</strong>esratsparteien<br />

wieder mit der Revision dieser Artikel, weil sie für Planungszwecke<br />

als ungenügend empf<strong>und</strong>en wurden.<br />

<strong>Innovation</strong>sphasen werden länger <strong>und</strong> „Ruhepausen“ zwischen den Phasen kürzer.<br />

Dies bedeutet, dass Sachfragen für den Gesetzgeber sozusagen dauernd pendent<br />

bleiben. Dem politischen Personal ist es dadurch sehr erschwert, rechtzeitig an<br />

neue Problemkreise heranzugehen. Da das Parlament nicht professionalisiert <strong>und</strong><br />

die Zahl der Minister auf sieben beschränkt ist, kann die Menge der gleichzeitig zu<br />

behandelnden komplexen Sachgeschäfte ohnehin nicht über eine gewisse Schwelle<br />

erhöht werden. Die überlasteten Politiker reagieren häufig auf dieses Dilemma<br />

mit der vermeintlichen Vereinfachungsstrategie, die <strong>Innovation</strong>sschritte zusätzlich<br />

zu verkürzen <strong>und</strong> vermehrt auf Provisorien abzustellen. Damit ist der circulus vitiosus<br />

geschlossen: <strong>Innovation</strong>sschwäche führt zu Systemüberlastung <strong>und</strong> diese zu<br />

gesteigerter <strong>Innovation</strong>sschwäche.<br />

Unsere Trendanalyse über die <strong>Innovation</strong>skapazität des schweizerischen Regierungssystems<br />

kann sich selbstverständlich nur auf eine beschränkte Anzahl von<br />

Beobachtungen abstützen. Sie mag zudem übermässig pessimistisch erscheinen.<br />

Beizufügen ist jedoch, dass sie sich von der Optik des schweizerischen B<strong>und</strong>esrates<br />

nicht sehr unterscheidet. Dieser führte in seinen „Regierungsrichtlinien 1971–<br />

1975“ vom 13. März 1972 aus:<br />

„Die Zunahme . <strong>und</strong> Komplexität der Staatsaufgaben sowie deren Interdependenz<br />

zeigen, dass mit den herkömmlichen Methoden die Probleme nicht mehr<br />

rechtzeitig gemeistert werden können. Wir studieren die Frage, wie die Methoden<br />

zur Erarbeitung von Entscheidungsvarianten <strong>und</strong> der Entscheidungsprozess<br />

verbessert werden kann, unter Heranziehung der neuesten wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse. – Sodann suchen wir Mittel <strong>und</strong> Wege, um den ungewöhnlich<br />

schleppenden Gang einzelner Gesetzgebungsarbeiten zu beschleunigen.“ 48<br />

2. Theorieansätze für die Definition der Ausgangslage<br />

Im vorangehenden Kapitel schieden wir ein Reformfeld aus <strong>und</strong> versuchten, die<br />

Abgrenzung des Feldes als sinnvoll <strong>und</strong> angemessen darzutun. Dafür war erforderlich,<br />

bereits auf die Reformproblematik einzugehen; nur dann ist nämlich die<br />

Ausscheidung eines bestimmten Reformfeldes vertretbar, wenn bezüglich des Feldes<br />

ein Reformbedürfnis nachgewiesen werden kann, dessen Befriedigung Verfassungsrevision<br />

bedingt.<br />

48 Bericht des B<strong>und</strong>esrates an die B<strong>und</strong>esversammlung über die Richtlinien der Regierungspolitik in der<br />

Legislaturperiode 1971–1975, 13.3.1972, S. 49.

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