Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Kommission bestätigte, dass Regierungstätigkeit <strong>und</strong> Verwaltungsführung des<br />
B<strong>und</strong>esrates „in Bedrängnis geraten“ seien. 7 Ausdrücklich hoben beide Kommissionen<br />
jedoch hervor, dass sie das Kollegialitätsprinzip nicht etwa aufheben,<br />
sondern sanieren wollten.<br />
Der „neue“ Kanzler verfügt über umfassende Kompetenzen. Nach dem Kompetenzenkatalog<br />
zu schliessen, vermag er erheblichen Einfluss zu nehmen auf die für<br />
Vierjahresperioden aufgestellten „Regierungsrichtlinien“. Er kann die Geschäftsordnung<br />
der Regierung sowie die wesentlichen Informationskanäle von <strong>und</strong> zur<br />
Regierung kontrollieren. Zudem sind ihm Aufsichtsbefugnisse über die gesamte<br />
B<strong>und</strong>esverwaltung eingeräumt. Artikel 36 des Entwurfs des neuen Verwaltungsorganisationsgesetzes,<br />
der nur die bereits bestehende Situation bestätigt, hat folgenden<br />
Wortlaut:<br />
„Der B<strong>und</strong>eskanzler unterstützt <strong>und</strong> entlastet den B<strong>und</strong>esrat <strong>und</strong> den B<strong>und</strong>espräsidenten<br />
bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Insbesondere versieht er folgende<br />
Obliegenheiten:<br />
a. Er berät den B<strong>und</strong>esrat bei der Planung auf der Regierungsebene <strong>und</strong> kann<br />
von diesem mit Planungsarbeiten betraut werden.<br />
b. Er bereitet zuhanden des B<strong>und</strong>esrats die Richtlinien der Regierungspolitik<br />
sowie den Bericht des B<strong>und</strong>esrats an die B<strong>und</strong>esversammlung über den<br />
Vollzug der Richtlinien der Regierungspolitik (Rechenschaftsbericht) vor. Er<br />
überwacht die Einhaltung der Richtlinien.<br />
c. Er entwirft <strong>und</strong> überwacht zuhanden des B<strong>und</strong>espräsidenten die Arbeits<strong>und</strong><br />
Geschäftspläne des B<strong>und</strong>esrates <strong>und</strong> bereitet den jährlichen Bericht des<br />
B<strong>und</strong>esrats an die B<strong>und</strong>esversammlung über seine Geschäftsführung (Geschäftsbericht)<br />
vor.<br />
d. Er erlässt Weisungen über die Vorbereitung der dem B<strong>und</strong>esrat zu unterbreitenden<br />
Geschäfte, koordiniert diese <strong>und</strong> leitet das Mitberichtsverfahren.<br />
e. Er besorgt in Zusammenarbeit mit den Departementen die Information der<br />
Öffentlichkeit <strong>und</strong> leitet den Informationsdienst im Sinne des Artikels 7 dieses<br />
Gesetzes.<br />
f. Er betreut die interne Information zwischen dem B<strong>und</strong>esrat <strong>und</strong> den Departementen<br />
<strong>und</strong> erlässt die notwendigen Weisungen.<br />
g. Er wirkt bei der Aufsicht des B<strong>und</strong>esrats im Sinne der Artikel 4 <strong>und</strong> 22 dieses<br />
Gesetzes mit.“<br />
Es gibt kaum Informationsmaterial darüber, wie die neue Konstellation auf Regierungsebene<br />
tatsächlich funktioniert. Die Huber-Kommission, die vom B<strong>und</strong>eskanzler<br />
selbst geleitet wurde, brachte keine Evaluation der seit 1968 gemachten Erfahrungen.<br />
Auch der Regierungsbericht über die Legislaturperiode 1967–71 8 kommentierte<br />
die gemachten Erfahrungen nicht. – Eine Reihe von<br />
7 Huber-Bericht, S. 101.<br />
8 Bericht des B<strong>und</strong>esrates an die B<strong>und</strong>esversammlung über den Vollzug der Richtlinien für die Regierungspolitik<br />
in der Legislaturperiode 1967–1971 (Rechenschaftsbericht), 28. April 1971.