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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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199<br />

bündel die Wahrscheinlichkeit erheblich herabgesetzt, dass eine Allparteienregierung<br />

weiterbestehen würde. Hat das Volk einmal einer Totalrevision der B<strong>und</strong>esverfassung<br />

zugestimmt, als deren Ziel die Schaffung einer leistungsfähigen<br />

Opposition dargestellt wurde, so hat die Fortführung der Zauberformelpolitik ihre<br />

demokratische Legitimität weitgehend eingebüsst. Beharren auf der Allparteienregierung<br />

würde zu wachsender Kritik am „Machtkartell“ der Parteien führen. An den<br />

Extremen des politischen Spektrums wäre mit Radikalisierungstendenzen zu rechnen,<br />

die übrigens kein legales „Ventil“ finden könnten, da Kleinparteien beim neuen<br />

Wahlsystem keine Chancen besässen <strong>und</strong> Referendum <strong>und</strong> Initiative unter der<br />

Kontrolle der Regierungsparteien lägen. – Unser Massnahmenpaket verringert in<br />

ganz erheblicher Weise die Attraktivität einer Regierungsbeteiligung für eine Partei,<br />

die weder den B<strong>und</strong>espräsidenten noch den Vizepräsidenten stellen kann. Anderseits<br />

ist die Oppositionsrolle durch die Reformen bedeutend anziehender geworden<br />

als im bisherigen System, da sich eine stagnierende Partei von dieser Rolle neuen<br />

Auftrieb versprechen kann, der sogar die Chance eines Wahlsieges miteinschliesst.<br />

– Zusammenfassend kann man sagen, dass nach Einführung der neuen Verfassung<br />

eine über längere Zeit andauernde Allparteienregierung denkbar unwahrscheinlich<br />

wäre.<br />

(2) Die höchste Wahrscheinlichkeit dürfte einem Szenarium zugemessen werden,<br />

das sich im wesentlichen nach dem oben, Seite 193, beschriebenen Gr<strong>und</strong>muster<br />

abspielt:<br />

Die Sozialdemokraten treten den ersten Wahlkampf nach neuem Recht mit der<br />

Erklärung an, sich an keiner Grossen Koalition beteiligen zu wollen, um mit dem<br />

„Oppositionseffekt“ die antizipierten Sitzverluste möglichst gering halten zu können.<br />

Die Wahlen ergeben, wie dies die Meli-Simulation vorhersagt, eine Sitzkonzentration<br />

zugunsten der bürgerlichen Parteien FdP, CVP <strong>und</strong> SVP. Diese<br />

stellen die Regierung, sind jedoch von Anfang an zu enger Zusammenarbeit gezwungen,<br />

da sie sich auf einen mit erheblichen Machtvollkommenheiten ausgestatteten<br />

B<strong>und</strong>espräsidenten einigen müssen. Zudem stehen sie unter einem<br />

gewissen Zwang, ihre Politik programmatisch abzustützen, um der Opposition<br />

das Spiel nicht allzu sehr zu erleichtern. Dieses „Näher-Zusammenrücken“ dürfte<br />

zu internen Spannungen bei den Regierungsparteien <strong>und</strong> eventuell zu Absatzbewegungen<br />

von Dissidenten führen, die sich dem „andern Pol“, den Sozialdemokraten,<br />

anzunähern versuchen. – In der Opposition vermögen die Sozialdemokraten<br />

vom „Abnützungseffekt“, der die bürgerliche Regierungskoalition<br />

trifft, wegen des Wahlrechts allein zu profitieren. Nach zwei bis vier Legislaturperioden<br />

gelingt ihnen ein Wahlsieg. – Das Wahlrecht zwingt die bürgerlichen<br />

Parteien, auch in der Opposition sehr eng zusammenzuarbeiten oder gar gänzlich<br />

zu fusionieren. Kleine Oppositionsparteien, welche die Zusammenarbeit<br />

verweigern, setzen sich dem Risiko aus, wegen des Mehrheitswahlrechts aufgerieben<br />

zu werden. – Sobald die SP einmal die Limite von ungefähr 40 Prozent<br />

der Wählerstimmen überschritten hat, ist „ausgewogene Bipolarität“ insofern<br />

hergestellt, als hinfort jede Regierungsmehrheit damit rechnen muss, am Ende<br />

der Legislaturperiode abgewählt zu werden.

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