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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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through interest groups is in its impact conservative in almost every sense of that<br />

term.“ 5 – Leonhard Neidhart beschreibt das Resultat von dem, was er „schweizerische<br />

Verhandlungsdemokratie“ nennt, wie folgt:<br />

„. . . Andererseits aber zeigten diese Verhandlungsprozesse eine Schwerfälligkeit<br />

<strong>und</strong> Langwierigkeit gesetzgeberischer Problemlösungen. Damit wurde der<br />

Kompromiss, der in zahlreichen Fällen nur noch gesetzgeberische Minimalreformen<br />

beinhaltete, zum typischen Ergebnis der schweizerischen Innenpolitik,<br />

auf deren Passivseite eine verminderte <strong>Innovation</strong>sfähigkeit des schweizerischen<br />

politischen Systems festgestellt werden muss.“ 6<br />

Neidhart spricht sogar von „<strong>Innovation</strong>sschwächen, die in manchen Fällen – wie<br />

etwa in der Frage der Totalrevision der B<strong>und</strong>esverfassung – bis zu einem Verlust<br />

an Vorstellungsfähigkeit von Veränderungen überhaupt führt“. 7 – Auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

eigener Untersuchungen von Entscheidungsprozessen in der Schweiz sowie der<br />

Fallstudien von Hughes, Jenny, Kocher <strong>und</strong> Flückiger gelangte Jürg Steiner, der<br />

seine Hypothesen <strong>und</strong> Beobachtungen zu numerieren pflegt, u. a. zu folgenden<br />

Formulierungen:<br />

Beobachtungssatz 92:<br />

Es besteht die Tendenz, dass bereits bei der Auslösung des Entscheidungsprozesses<br />

Lösungsmöglichkeiten ausgeschaltet werden, die auf neuen <strong>und</strong> ungewohnten<br />

Kombinationen von Informationen beruhen.<br />

Beobachtungssatz 116:<br />

Der <strong>Innovation</strong>sprozess hat die Tendenz, so zu verlaufen, dass der <strong>Innovation</strong>sspielraum<br />

immer enger wird. 8<br />

Schon bei der Ausarbeitung gewöhnlicher Gesetze bewirkt dominierender Verbandseinfluss<br />

einen Verlust an <strong>Innovation</strong>skapazität. In noch verstärktem Masse<br />

büsst ein Unternehmen, das auf Totalrevision der Verfassung hinzielt, seine Neuerungskraft<br />

ein, wenn es dem Bargaining-Prozess der Spitzenverbände ausgeliefert<br />

wird. Insbesondere sind in diesem Falle keine signifikanten Änderungen im Bereich<br />

des „Regierungssystems“ zu erwarten. Die gr<strong>und</strong>legenden Institutionen des<br />

schweizerischen Staates – Allparteienregierung, Bikameralis-mus, Referendum,<br />

komplizierte Kompetenzabgrenzung zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Kantonen – öffnen finanzstarken<br />

<strong>und</strong> wohlorganisierten Interessengruppen einen optimalen Einfluss- <strong>und</strong><br />

Manövrierbereich. Es ist nicht einzusehen, wieso eben diese Organisationen –<br />

wenigstens kurzfristig gesehen – ein Interesse an Änderungen des „Regierungssystems“<br />

haben sollten. Der amerikanische Verbandstheoretiker David Truman, der<br />

der Verbandsherrschaft keineswegs besonders kritisch gegenüberstand, bezeichnete<br />

die Symbiose zwischen Regierungsstellen <strong>und</strong> Interessenorganisationen als<br />

„highly resistant to disturbance“. 9 Mit Fug durfte man annehmen, dass die sogenannten<br />

Spitzenorgani-<br />

5 Theodore J. Lowi, The End of Liberalism. Ideology, Policy, and the Crisis of Public Authority, Norton &<br />

Company, New York 1969, S. 89.<br />

6 Neidhart, Plebiszit (op. cit.), S. 294.<br />

7 Neidhart, Plebiszit (op. cit.), S. 318.<br />

8 Jürg Steiner, Gewaltlose Politik <strong>und</strong> kulturelle Vielfalt. Hypothesen entwickelt am Beispiel der Schweiz,<br />

Bern 1970, S. 261 <strong>und</strong> 263.<br />

9 David B. Truman, The Governmental Process, Alfred A. Knopf, New York 1951, S. 467 f.

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