Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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sationen der Wirtschaft jedwede signifikante Änderung des Status quo im Regierungssystem<br />
als „Störung des Gleichgewichtes“ bekämpfen würden.<br />
b) Das anfänglich atypische Vorgehen der Wahlen-Kommission<br />
Erhebliche Abweichungen vom „normalen“ Vemehmlassungsverfahren ergaben<br />
sich für das Wahlen-Unternehmen vorerst aus dem Entschluss, Antworten auf einen<br />
Katalog zahlreicher disparater Fragen einzufordern. Nicht ein konkreter, genau<br />
umgrenzter Gesetzesentwurf wurde zur Vernehmlassung gestellt, sondern eine<br />
staatsrechtliche Enzyklopädie. Darauf braucht hier nicht mehr weiter eingegangen<br />
zu werden. – Wesentlicher ist die Tatsache, dass ursprünglich die Einladung zur<br />
Einreichung von Stellungnahmen nicht an die üblichen Kreise erging. Wahrscheinlich<br />
aus der Vermutung heraus, dass eine nach dem für die Gesetzgebung üblichen<br />
Muster abgewandelte Totalrevision von vornherein zum Scheitern verurteilt sein<br />
würde, hatte schon Peter Dürrenmatt in seiner Motions-begründung vor einer Expertenkommission<br />
gewarnt, die „nach einem komplizierten eidgenössischen Propörzschlüssel<br />
zusammengesetzt“ sei. Auch der B<strong>und</strong>esrat folgte ähnlichen Überlegungen,<br />
als er der Wahlen-Kommission zwingend vorschrieb, die Kantone, Parteien<br />
<strong>und</strong> Universitäten zu befragen.<br />
Richtig ist zwar, dass auch bei zahlreichen „gewöhnlichen“ Gesetzgebungsprojekten<br />
die Kantone begrüsst werden <strong>und</strong> Vertreter in die entsprechenden Expertenkommissionen<br />
abbeordern. Doch das Gewicht der Kantone im Bar-gaining-<br />
Prozess dürfte meistens viel geringer sein als jenes der grossen Interessenorganisationen,<br />
schon deswegen, weil den Kantonen selten ein konzertiertes<br />
Vorgehen gelingt, während die Spitzenverbände zentralisierte Gebilde darstellen.<br />
Vielfach vermögen die Kantone auch nur den Gesichtspunkt lokaler organisierter<br />
Interessen zur Darstellung zu bringen. – Bis vor kurzem waren die Parteien aus<br />
dem vorparlamentarischen Gesetzgebungsverfahren weitgehend ausgeschlossen.<br />
Erst in jüngster Zeit suchen sie den Zutritt. Ihre Position bleibt indessen nach wie<br />
vor schwach – wegen ihrer dezentralisierten Struktur <strong>und</strong> ihrer geringen personellen<br />
<strong>und</strong> finanziellen Mittel. – Die Universitäten schliess-lich werden als solche nicht in<br />
gewöhnliche Gesetzgebungsverfahren eingeschaltet, wenn auch einige ihrer Professoren<br />
seit je den Interessenorganisationen oder der B<strong>und</strong>esverwaltung sich als<br />
Experten bei Gesetzgebungsprojekten zur Verfügung stellen.<br />
Der Entschluss, die wirtschaftlichen Spitzenverbände in der Anfangsphase des<br />
Revisionsunternehmens auszuschalten <strong>und</strong> nur die Kantone, die Parteien <strong>und</strong> die<br />
Universitäten anzuhören, hätte zweifellos die <strong>Innovation</strong>schancen des Unternehmens<br />
etwas verbessert. Die Untersuchung im letzten Kapitel zeigte auf, dass die<br />
Gruppe der Interessenorganisationen die geringste <strong>Innovation</strong>sneigung aufweist.<br />
Dieses Faktum ist vorerst nicht sehr aussagekräftig, weil die im Band „Varia“ publizierten<br />
11 Vernehmlassungen von sehr heterogenen Gruppierungen stammen; 4<br />
Eingaben kommen von religiösen Organisationen <strong>und</strong> deren 3 von „promotional<br />
groups“. Von den grossen Wirtschaftsverbänden fehlt eine Eingabe des Gewerbevereins,<br />
des Gewerkschaftsb<strong>und</strong>es <strong>und</strong> des Bauernverbandes. Zudem sind die<br />
Varia-Eingaben, wie bereits aufgezeigt, sehr selektiv. Nur vereinzelte Gruppierungen<br />
fanden es notwendig, ausführlich auf