Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
127<br />
haviorismus“ ist allerdings ein vager Sammelbegriff <strong>und</strong> deckt ziemlich verschiedene<br />
Forschungsansätze, Methoden, Techniken <strong>und</strong> thematische Interessen<br />
ab. Nach der spöttischen Bemerkung von E. M. Kirkpatrick war er „eine Art von<br />
Regenschirm“, gross genug, um zeitweiligen Unterschlupf für eine heterogene<br />
Gruppe zu bieten, die nur durch die Unzufriedenheit mit der traditionellen Politikwissenschaft<br />
geeint wurde. 21 Bei dieser Sachlage sollte man mit Verallgemeinerungen<br />
zurückhalten, <strong>und</strong> die folgenden Ausführungen wollen daher auch vorwiegend als<br />
Impressionen verstanden sein.<br />
Nach dem von David Easton formulierten Kanon zu schliessen, will der Behaviorismus<br />
die Maximen der neopositivistischen Wissenschaftslogik respektieren,<br />
aber darüber hinaus einen besonderen Akzent auf die Theoriebildung legen. Über<br />
„Theorien mittlerer Reichweite“ sei fortzuschreiten zu einer „allgemeinen Theorie<br />
der Politik“. Im weitern fordert der Behaviorismus nach Möglichkeit das Arbeiten mit<br />
quantifizierten Daten <strong>und</strong> „sophisticated techniques“, legt Wert auf die Unterscheidung<br />
zwischen „reiner Wissenschaft“, die vorgehen müsse, <strong>und</strong> der Anwendung<br />
von erzeugtem Wissen für die Lösung dringender Probleme der Gesellschaft.<br />
Schliesslich wird die Notwendigkeit interdisziplinären Arbeitens betont. 22<br />
Das Interesse an einer allgemeinen Theorie der Politik oder des Sozialen überhaupt<br />
erschliesst umfassendere Betrachtungsweisen, <strong>und</strong> es stellt sich die Frage, ob<br />
unter diesem Aspekt Hilfe für unser Totalrevisionsanliegen zu erwarten ist. Gleich<br />
muss aber bemerkt werden, dass Versuche in Richtung „allgemeiner Theorie“ recht<br />
bald den Charakter von „Kosmogonien“ angenommen haben, 23 <strong>und</strong> die Chance,<br />
dass solche Theorien je empirischem Test unterstellt werden, dürfte gleich Null<br />
sein. Nach R. K. Merton ist die Hoffnung auf eine umfassende Theorie, die von<br />
Tausenden empirischer Forscher getestet wird, ein „verfrühter <strong>und</strong> apokalyptischer<br />
Glaube“. 24<br />
Behaviorismus als eine Oppositionsbewegung gegen die „traditionelle Politikwissenschaft“<br />
impliziert eine Abneigung gegen die in der Vergangenheit dominierende<br />
Ausrichtung auf politische Institutionen. Institutionen werden lediglich noch<br />
als „geronnenes soziales Verhalten“ aufgefasst. 25 Eine der neuesten amerikanischen<br />
Einführungen in die Politikwissenschaft hebt unter anderem folgende Punkte<br />
hervor, in denen sich die „alte“ von der „neuen“ Politikwissenschaft unterscheidet:<br />
– an emphasis on the study of institutions to the exclusion of political processes;<br />
– a fascination with institutions or political patterns perceived by the researchers<br />
as unique, and consequently a failure to consider adequately the premise of<br />
uniqueness as well as to develop generalizations, which cannot, of course, be<br />
derived from the study of phenomena conceived as unique;<br />
– a strong reformist tendency, with emphasis on value judgments specifying what<br />
ought to be the nature of political structures and institutions, occa-<br />
21 Zitiert bei von Beyme, op. cit., S. 103.<br />
22 David Easton, A Framework for Political Analysis, Prentice-Hall, Englewood Cliffs 1965, S. 7 ff.; siehe<br />
auch von Beyme, op. cit., S. 104 f.<br />
23 Maurice Duverger, in: Revue de l’enseignement supérieur, 1965, Nr. 4, S. 21.<br />
24 Robert K. Merton, Social Theory and Social Structure, Glencoe 1961, S. 6, zitiert bei von Beyme, op.<br />
cit., S. 44.<br />
25 Von Beyme, op. cit., S. 104.