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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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Im Brief vom 15. Dezember 1967 nannte F.T.Wahlen die Einbeziehung der Wirtschaftsverbände<br />

in die Anfangsphase der Vernehmlassung eine „gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Frage“. Die Kommission habe dieses Problem „eingehend geprüft“. Tatsächlich<br />

waren die Mitglieder der Kommission gegen eine Ausweitung der Vernehmlassung<br />

<strong>und</strong> gegen die Publikation solcher Eingaben, die nicht von Kantonen, Parteien oder<br />

Universitäten stammten. Der Kommissionspräsident hingegen setzte sich für eine<br />

„Öffnung“ ein <strong>und</strong> wollte wenigstens die Eingabe des Vororts <strong>und</strong> der Schweizerischen<br />

Bischofskonferenz publizieren. Die Differenz wurde dem B<strong>und</strong>esrat vorgelegt,<br />

der sich den Standpunkt von F. T. Wahlen zu eigen machte <strong>und</strong> die Eingaben<br />

der Wirtschaftsverbände <strong>und</strong> weiterer Organisationen publizieren liess. 13<br />

Das Nachgeben der Wahlen-Kommission gegenüber dem Druck des Vororts überrascht<br />

nicht. Von einer als apolitisch verstandenen Expertenkommission, die ohne<br />

klare Weisungen von Parlament <strong>und</strong> Regierung arbeiten muss, kann kaum erwartet<br />

werden, dass sie politische Entscheide im Gegensatz zu einem mächtigen Verbände<br />

fällt. Wie bereits erwähnt, verzichtete die Regierung am Anfang auf eine klare<br />

Abgrenzung der zu befragenden Instanzen <strong>und</strong> überliess es der Kommission „allenfalls<br />

noch andere Kreise“ neben den Kantonen, Parteien <strong>und</strong> Universitäten zur<br />

Vernehmlassung einzuladen. Erst als der Streit in der Kommission über die Publikationsfrage<br />

ausbrach, wurde die Regierung als Schiedsinstanz eingeschaltet; sie<br />

entschied sich prompt für den Weg des geringsten Widerstandes.<br />

Verallgemeinernd darf man sagen, dass die Regierung <strong>und</strong> vornehmlich das Parlament<br />

das Revisionsunternehmen ihrer Kontrolle entgleiten Messen. Die Ohnmacht<br />

insbesondere des Parlaments in Sachen Totalrevision scheint eine vollständige<br />

zu sein. Kurt Eichenberger, Mitglied der Wahlen-Kommission <strong>und</strong> Kenner der<br />

„obersten Gewalt im B<strong>und</strong>e“ 14 , mutet der B<strong>und</strong>esversammlung nicht einmal zu,<br />

dass sie den Abbruch des Revisionsunternehmens verfügen könnte:<br />

„Ob allerdings ein ,Abbruch der Übung’ durch politische Potenzen anberaumt<br />

werden könnte, also praktisch durch die B<strong>und</strong>esversammlung nach der Berichterstattung<br />

über die Motionen durch den B<strong>und</strong>esrat, ist heute schwer vorstellbar,<br />

selbst wenn sich die einigenden Kräfte <strong>und</strong> die fruchtbaren Konzeptionen im<br />

Vorverfahren nicht einstellen sollten.“ 15<br />

d) Das Veto des Vororts<br />

Der Vorort führte in seiner Eingabe an die Wahlen-Kommission aus, dass seine<br />

Mitgliederorganisationen in einer Umfrage sich im wesentlichen negativ zum Revisionsvorhaben<br />

geäussert hätten. Einige Sektionen, wie zum Beispiel die Handelskammern<br />

von Basel <strong>und</strong> Winterthur, die Farben- <strong>und</strong> Lackindustrie, der<br />

13 A. Korff, J. D. Delley, W. Ossipow, La révision totale de la Constitution fédérale, Département de<br />

Science politique, Université de Genève, 1973, S. 19. f.<br />

14 Kurt Eichenberger hatte 1949 ein juristisch-politologisches Buch unter folgendem Titel veröffentlicht:<br />

Die oberste Gewalt im B<strong>und</strong>e. Über die verfassungsrechtliche Verteilung <strong>und</strong> tatsächliche Ausübung<br />

der Ftechtssetzungs- <strong>und</strong> Regierungsfunktion im schweizerischen B<strong>und</strong>esstaat (Zürich).<br />

15 Eichenberger, „Richtpunkte“ (op. cit), S. 72 f.

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