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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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sche Errungenschaften für das Studium von Institutionen verwertbar zu machen. 37<br />

Als repräsentativ dürfte hier Samuel P. Huntington 38 genannt werden. Nicht umsonst<br />

galt sein besonderes Interesse den Entwicklungsländern. In diesem Seitengebiet<br />

der Forschung dominierte stets die Fragestellung nach Institutionen (Bürokratie,<br />

Einheitspartei, Armee), die am ehesten für die Einleitung <strong>und</strong> Absicherung<br />

von Modernisierungsprozessen taugten. 39 Institutioneller Ansatz <strong>und</strong> reformerischer<br />

Impetus erschienen für die Entwicklungsländerforschung als zulässig, während eine<br />

ähnliche Einstellung beim Studium der „Hochentwickelten“ als unfein galt. – Auch in<br />

der Forschung über Wählerverhalten, einem der Gebiete, in denen der Behaviorismus<br />

seine besten Leistungen erbrachte, treten institutionelle Erklärungen von Verschiedenheiten<br />

zwischen einzelnen Ländern wieder mehr in den Vordergr<strong>und</strong>. – Die<br />

Demokratie selbst wird nicht mehr nur als Emanation aus glückhafter „politischer<br />

Kultur“ <strong>und</strong> wirtschaftlicher Entwicklung gesehen, sondern auch als Eigenschaft von<br />

politischen Institutionen. 40<br />

Das neuerwachte Institutioneninteresse hat möglicherweise etwas zu tun mit einer<br />

Tendenz in den USA, die sich gegen Ende der sechziger Jahre herauskristallisierte<br />

<strong>und</strong> als „Postbehaviorismus“ bezeichnet wird. David Easton, der 1965 den Behaviorismus<br />

kanonisierte, beeilte sich, in seiner Präsidialadresse am Kongress der American<br />

Political Science Association von 1969, das Kredo der „postbehavioristischen<br />

Revolution“ zu formulieren. 41 Das wichtigste Postulat der neuen Tendenz sei es,<br />

Wissen zu produzieren, das für die Lösung der dringenden Probleme der Gegenwart<br />

relevant sei, das sich in praktisches Handeln umsetzen lasse. Der Forscher<br />

müsse sich verantwortlich fühlen für die Gesellschaft, in der er lebe, <strong>und</strong> zu ihrer<br />

Humanisierung beitragen. Soziale Relevanz der Forschung müsse der Methodenstrenge<br />

vorgehen. – Während Easton dem Relevanzpostulat seine Unterstützung<br />

leiht, glaubt er, die epistemologische Basis des Behaviorismus verteidigen zu müssen.<br />

Nach ihm ist Postbehaviorismus vor allem eine Akzentverschiebung bei Forschungsthemen<br />

<strong>und</strong> dem Einsatz von Ressourcen. Eugene F. Miller dagegen sieht<br />

in dem neuen Antagonismus das Wiederaufleben jenes älteren, in welchem Positivismus<br />

<strong>und</strong> Historizismus sich konfrontierten. (Unter „Historizismus“ versteht Miller<br />

jene Position, die alles menschliche Wissen nach Ort <strong>und</strong> Zeit relativ erachtet <strong>und</strong><br />

die Einmaligkeit aller historischen Phänomene hervorhebt.) Nach Miller ist der<br />

Historizismus heute eindeutig im Vormarsch begriffen, während der Positivismus an<br />

Boden verliere. In der Wissenschaftsphilosophie sei letzterer bereits überw<strong>und</strong>en<br />

gewesen, als die Behavioristen ihn zum Dogma erhoben. 42<br />

37 Von Beyme, op. cit., S. 98 ff.<br />

38 Samuel P. Huntington, Political Order in Changing Societies, Yale University Press, New Haven 1968,<br />

5. Auflage 1971.<br />

39 Siehe: Raim<strong>und</strong> E. Germann, Verwaltung <strong>und</strong> Einheitspartei in Tunesien, Zürich 1968, mit Literaturangaben.<br />

40 Siehe beispielsweise: Douglas W. Rae, „Political Democracy as a Property of Political Institutions“,<br />

APSR, Vol. 65, No. 1, März 1971, S. 111-119. Dieser Autor versucht, anhand institutioneller Kriterien<br />

einen Index für den Grad von Demokratie in Organisationen zu entwickeln.<br />

41 David Easton, „The New Revolution in Political Science“, APSR, Vol. 63, No. 4, Dezember 1969, S.<br />

1052.<br />

42 Eugene F. Miller“,Positivism, Historicism, and Political Inquiry“, APSR, Vol. 66, No. 3, September 1972,<br />

S. 796–817.

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