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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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181<br />

– Der B<strong>und</strong>esrat ist jeweils unter Bezug auf die in den Verhandlungen festgelegten<br />

Legislaturziele zu wählen.<br />

– Der B<strong>und</strong>esrat hat gestützt auf die in den Verhandlungen erarbeiteten allgemeinen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen das konkrete Regierungsprogramm zu entwickeln.<br />

– Die Parteien geben der Öffentlichkeit die Zusammensetzung der mit der Führung<br />

der Gespräche beauftragten Delegation bekannt <strong>und</strong> orientieren die Öffentlichkeit<br />

über den Verlauf <strong>und</strong> die Ergebnisse der Verhandlungen. 28<br />

Zufolge Rücktritts eines CVP-B<strong>und</strong>esrats auf Ende der Legislaturperiode 1967/71<br />

sah sich diese Partei in die Lage versetzt, bei der Besetzung der Vakanz ihrem<br />

eigenen Programm nachleben zu können. Sie bestimmte indessen unabhängig von<br />

Koalitionsverhandlungen ihren B<strong>und</strong>esratskandidaten (der vom Parlament auch<br />

prompt gewählt wurde) <strong>und</strong> stellte die Wiederwahl der schon amtierenden B<strong>und</strong>esräte<br />

nicht in Frage. Die Chronologie spricht eine deutliche Sprache: Auf Einladung<br />

der CVP fand am 10. November 1971 die erste eigentliche Verhandlungsr<strong>und</strong>e<br />

unter den B<strong>und</strong>esratsparteien über die Legislaturziele der Periode 1971/75 statt,<br />

wobei alle Verhandlungspartner die Beibehaltung der „Zauberformel“ <strong>und</strong> die Dissoziation<br />

von B<strong>und</strong>esratswahl <strong>und</strong> Legislaturzielen billigten. 29 Am 13. November<br />

1971 erkor die CVP ihren B<strong>und</strong>esratskandidaten, <strong>und</strong> am 8. Dezember 1971 fanden<br />

im Parlament die B<strong>und</strong>esratswahlen statt. Erst am 19. Januar 1972 verabschiedeten<br />

die B<strong>und</strong>esratsparteien ihre Legislaturziele, die anschliessend von den<br />

Zentralorganen der Parteien genehmigt wurden.<br />

Was die CVP zu ihrer Attacke gegen die „Zauberformel“ in ihrem Aktionsprogramm<br />

71 bewog, ob es sich um eine wahltaktische Ausnützung des werbewirksamen<br />

Oppositionsthemas, um das Ergebnis eines parteiinternen Richtungsstreites oder<br />

um eine blosse Fehleinschätzung des praktisch Realisierbaren handelte, kann hier<br />

nicht abgeklärt werden. Die schliesslich veröffentlichten „Legislaturziele“ 30 dürften<br />

jedoch keinen irgendwie ersichtlichen Nutzen abwerfen. Sie sind sehr kurz <strong>und</strong><br />

vage gefasst <strong>und</strong> haben für niemanden Verbindlichkeit. Der B<strong>und</strong>esrat erliess seine<br />

Regierungsrichtlinien – aus juristischen Gründen, wie er betonte – unabhängig von<br />

den Legislaturzielen der B<strong>und</strong>esratsparteien. Aus einer zeitlichen Distanz von 14<br />

Monaten kommentierte die Neue Zürcher Zeitung die Legislaturziele wie folgt:<br />

„Vor den letzten Nationalratswahlen bildeten gemeinsame Zielsetzungen der<br />

B<strong>und</strong>esratsparteien für die Legislaturperiode <strong>und</strong> sogar Koalitionsabsprachen<br />

Gegenstand längerer Palaver. Diese Ziele sind aber in der parlamentarischen<br />

Wirklichkeit, wie die Konjunkturübung des Nationalrates bewiesen hat, bereits in<br />

Vergessenheit geraten.“ 31<br />

28 CVP, Aktionsprogramm 71, S. 14 f., Ziff. 32.<br />

29 Gemäss NZZ (Nr. 519, 7.11.71, S. 33) trafen sich die Parteidelegationen schon im September 1971<br />

<strong>und</strong> beschlossen, „gr<strong>und</strong>sätzlich auf das Experiment von Koalitionsgesprächen mit dem Ziel eines Regierungsprogramms<br />

einzutreten“. Siehe auch NZZ, Nr. 527, 11.11.1971, S. 17.<br />

30 Sie sind abgedruckt in: NZZ, Nr. 58, 4.2.1972, S. 17 f.<br />

31 NZZ, Nr. 139, 24.3.1973, S. 1.

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