Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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steckt <strong>und</strong> später unter Auschluss der SP eine bürgerliche Regierungskoalition<br />
bildet (Verzögerung des „Idealszenariums“); c) dass die SP, obwohl in der Opposition,<br />
keine „Oppositionsgewinne“ erzielen kann, sondern diese den extremen Parteien,<br />
den Kommunisten oder den Überfremdungsgegnern, überlassen muss (verstärkte<br />
Fraktionalisierung des Parteiensystems); usw.<br />
Da mit dem bisher beschriebenen Reformpaket bestenfalls eine Annäherung an<br />
das operationale Ziel erreicht werden kann <strong>und</strong> im übrigen eine Entwicklung in<br />
Richtung auf das Ziel nur sehr langsam <strong>und</strong> möglicherweise überhaupt nicht vor<br />
sich gehen würde, sind weitere Reformmassnahmen erforderlich.<br />
c) Die Förderung der Bipolarität<br />
(1) Relatives Mehrheitswahlrecht mit Einerwahlkreisen<br />
L’élection n’est pas un moyen d’introspection, elle est un procédé<br />
pour désigner le gouvernement (René Capitant)<br />
In einer früheren Phase wissenschaftlicher Wahlrechtsforschung sah man im relativen<br />
Mehrheitswahlrecht eine Hauptursache für die Entstehung eines Zweiparteiensystems.<br />
Doch die Protagonisten dieser Anschauung, etwa Maurice Duverger 10 <strong>und</strong><br />
K. O. Key 11 , haben selbst die kategorisch klingenden Aussagen in den ersten Ausgaben<br />
ihrer einschlägigen Veröffentlichungen in späteren Auflagen abgeschwächt<br />
<strong>und</strong> relativiert. – Wir postulieren hier nicht, dass der Übergang zum relativen Mehrheitswahlrecht<br />
mit Einerwahlkreisen zwangsläufig zu einem Zweiparteiensystem<br />
gemäss unserer Operationalisierung führen würde. Hingegen gehen wir von der<br />
Annahme aus, dass eine solche Wahlrechtsänderung, kombiniert mit flankierenden<br />
Massnahmen, die Wahrscheinlichkeit für eine Entwicklung in dieser Richtung erheblich<br />
zu erhöhen vermag.<br />
Die Theorie, dass das relative Mehrheitswahlrecht Zweiparteienkonkurrenz zu fördern<br />
vermag, kann nur bezüglich des einzelnen Wahlkreises unmittelbar plausibel<br />
gemacht werden: Es ist nur sinnvoll, die Stimme einem Kandidaten zu geben, der<br />
reale Gewinnchancen hat. Die Stimmen werden also zur Hauptsache an die Kandidaten<br />
der beiden stärksten Parteien gehen; für die dritt- oder<br />
10 Den späteren Auflagen seines Buches Les Partis Politiques (op. cit.) fügte Duverger folgenden Absatz<br />
bei: „On a choisi d’analyser avec plus de détails cette influence des régimes électoraux, parce qu’elle a<br />
été très peu étudiée jusqu’à I’apparition de ce livre (1951): il fallait combler une lacune. Mais cela ne<br />
signifie pas qu’on I’ait jarnais considérée comme plus importanre que les autres. En fait, I’action des<br />
systèmes de scrutin pourrait être comparée à celle d’un frein ou d’un accélérateur: tel régime électoral<br />
facilite la multiplication des partis, engendrée par I’action d’autres facteurs; tel autre régime lui fait<br />
obstacle; etc. Mais les modes de scrutin ne jouent pas un rôle proprement moteur: ce sont les réalités<br />
nationales, les idéologies, et surtout les structures socio-économiques qui ont en général I’action la<br />
plus décisive à cet égard.“ (S. 235). – Zur Kritik an Duverger siehe: Aaron B. Wildavsky, „A Methodological<br />
Crltique of Duverger’s Political Parties“‘, in: Eckstein/Apter, op. cit., S.368–375; Samuel H. Beer,<br />
„Les Partis Politiques“, Western Political Quarterly, September 1953, S. 512–517.<br />
11 Vergleiche die erste Auflage (1948) von V.O. Key, Jr., Politics, Parties, and Pressure Groups, Crowell,<br />
New York, S. 218 f, mit der 5. Auflage von 1964, S. 208. – Siehe auch: Howard A. Scarrow, Comparative<br />
Political Analysis. An lntroduction, Harper & Row, New York 1969, S. 109 f.