Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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(5) lnitiativrechte<br />
Bei der heutigen Regelung können Private mittels der Verfassungsinitiative beinahe<br />
beliebige Postulate zur Volksabstimmung bringen. Schon jetzt sind Initiativunternehmen<br />
besonders dann geeignete Pressionsinstrumente, wenn mit ihnen<br />
eine Vetofunktion ausgeübt werden soll. Würden die bisher aufgezählten Reformmassnahmen<br />
isoliert durchgeführt, so erhielte die Verfassungsinitiative gesteigerte<br />
Bedeutung <strong>und</strong> könnte von einer entschlossenen Opposition als wirksames<br />
Kampfmittel gegen die Regierungsmehrheit eingesetzt werden. Um dem vorzubeugen,<br />
braucht man die Verfassungsinitiative nicht abzuschaffen. Sie soll jedoch erheblich<br />
erschwert werden. Das Unterschriftenquorum wäre hoch anzusetzen (beispielsweise<br />
bei 200 000), <strong>und</strong> durch ein Verfassungsgericht müsste sichergestellt<br />
werden, dass Initiativen nur solche Themen zum Gegenstand hätten, welche angemessenerweise<br />
auf Verfassungsstufe zu regeln sind. – Die Einführung der Gesetzesinitiative<br />
im klassischen Sinne, welche es einer bestimmten Anzahl von Bürgern<br />
erlauben würde, Postulate zur verbindlichen Volksabstimmung zu bringen,<br />
wäre zielwidrig. Hingegen lassen sich durchaus Einrichtungen vorstellen, mit denen<br />
Bürger sich für ihre Anliegen wirksam Gehör verschaffen können, ohne dass dabei<br />
gleichzeitig Konkordanzzwänge geschaffen werden. Zu denken wäre etwa an folgende<br />
Lösung: Können für einen Gesetzesvorschlag eine bescheidene Anzahl von<br />
Bürgerunterschriften aufgebracht werden (beispielsweise 10 000), so müsste die<br />
Regierung in einer Botschaft dazu Stellung nehmen <strong>und</strong> eine Parlamentsdebatte<br />
darüber stattfinden.<br />
(6) Berufsparlament<br />
Schon in der jetzigen Situation sprechen gewichtige Gründe für die Schaffung eines<br />
Berufsparlaments. Die Verwirklichung der bisher erwähnten Reformpostulate würde<br />
indessen die volle Professionalisierung des Parlaments zur unabdingbaren Notwendigkeit<br />
machen. Mit dem Übergang vom Verbandsreferendum zum Parlamentsreferendum<br />
erhielte die Volksvertretung eine erhöhte Verantwortung <strong>und</strong> Arbeitslast.<br />
Die mit diesem Übergang bewirkte „Zusammenlegung der Repräsentationsebenen“<br />
würde die legislatorischen Bargaining-Prozesse unter die Kontrolle des<br />
Parlaments stellen <strong>und</strong> ihm reale Schiedsfunktionen einräumen. – In einem Regierungssystem<br />
mit Chance für Machtwechsel müssen gutdotierte Positionen für jenes<br />
politische Personal zur Verfügung stehen, das gegebenenfalls aus den Regierungsämtern<br />
verdrängt wird. Für die Regierungsmannschaft der verlierenden Partei<br />
bietet ein Berufsparlament die Möglichkeit, sich weiterhin hauptberuflich der Politik<br />
zu widmen. <strong>Politische</strong> Erfahrung könnte auf diese Weise trotz Regierungswechseln<br />
dem System erhalten werden.<br />
(7) Der Nationalrat als Kreationsorgan der Regierung<br />
Die Gründe, die für eine Reduktion der ständerätlichen Kompetenzen im Bereich<br />
der Gesetzgebung sprechen, lassen sich analogerweise auch für das Postulat anführen,<br />
den Nationalrat allein als Wahlorgan der Regierung vorzusehen. Die Chance<br />
für eine Einparteienregierung oder für eine „kleine Koalition“ ist erheblich vermindert,<br />
wenn weiterhin die vereinigte B<strong>und</strong>esversammlung die Regierung ernennt.