Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Regel „B<strong>und</strong>esrecht bricht kantonales Recht“; Ausscheidung von zwei Bereichen:<br />
Im einen wäre der B<strong>und</strong> ausschliesslich kompetent, im andern nur zum Erlass von<br />
Rahmengesetzen.<br />
6 Kantone, 2 Regierungsparteien, 4 Universitäten <strong>und</strong> 2 Interessenorganisationen<br />
haben derartige Neuerungen vorgeschlagen. 9<br />
Die Forderung, vom Gr<strong>und</strong>satz des Artikels 3 der B<strong>und</strong>esverfassung abzugehen,<br />
erhielt nicht deshalb das Prädikat „radikal“, weil sie eine Verstärkung der Zentralisierungstendenz<br />
bewirken würde (schon unter dem jetzigen System ist diese Tendenz<br />
sehr deutlich), sondern weil sie das zahlenmässige Verhältnis zwischen den<br />
Erlassen, die dem obligatorischen Referendum unterworfen sind, <strong>und</strong> jenen, bei<br />
welchen das fakultative Referendum offensteht, erheblich verschieben würde. Zudem<br />
würde bei vielen Gesetzgebungsprojekten die bisherige Zweistufigkeit des<br />
Verfahrens entfallen; unter den gegenwärtigen Regeln muss häufig in einer ersten<br />
Phase für den B<strong>und</strong> vorerst ein Kompetenzraum geschaffen werden, <strong>und</strong> erst in der<br />
zweiten Phase wird dann der eigentliche Erlass ausgearbeitet. – Beide Konsequenzen<br />
könnten Pressions-Strategien <strong>und</strong> Kräfterelationen zwischen den massgeblichen<br />
Interessenorganisationen signifikant verändern.<br />
Fast jede Vernehmlassung enthält Vorschläge betreffend die Übertragung von<br />
neuen Kompetenzen an den B<strong>und</strong>. Bei rein punktuellen Kompetenzübertragungen<br />
sind die Konsequenzen, die daraus resultieren könnten, schwerlich abzuschätzen.<br />
Mit der Schaffung eines neuen Kompetenzraumes steht noch keineswegs fest, wie<br />
der B<strong>und</strong> darin tätig werden wird. Seine Aktivität oder Inaktivität hängt weitgehend<br />
vom bestenenden politischen Kräfteparallelogramm ab. Wegen der Unmöglichkeit,<br />
sinnvolle Schätzungen über die Auswirkung von postulierten punktuellen Kompetenzübertragungen<br />
an den B<strong>und</strong> vorzunehmen, wurde keiner der entsprechenden<br />
Vorschläge als „radikal“ eingestuft.<br />
(4) Präponderanz NR<br />
Unter diese Kategorie fallen Vorschläge, welche dem Nationalrat gegenüber dem<br />
Ständerat eine Vorrangstellung einräumen wollen. Folgende Massnahmen fallen in<br />
Betracht: Die Kompetenz des Ständerates wird auf bestimmte Gebiete beschränkt,<br />
während der Nationalrat weiterhin eine umfassende Zuständigkeit zum Legiferieren<br />
besitzt; oder der Ständerat kann das Zustandekommen eines Gesetzes nicht mehr<br />
verhindern, sondern nur verzögern, indem er die Volkskammer zu einer zusätzlichen<br />
Lesung zu zwingen vermag; oder Differenzen zwischen den beiden Kammern<br />
werden durch Mehrheitsentscheid der Vereinigten B<strong>und</strong>esversammlung beglichen,<br />
wodurch der Nationalrat wegen seines zahlenmässigen Übergewichts automatisch<br />
eine Vorzugsstellung erhält. Aufgr<strong>und</strong> eines argumentum a fortiori wird auch der<br />
Vorschlag der Universität Zürich, den Ständerat gänzlich abzuschaffen, unter diese<br />
Kategorie „radikaler“ Vorschläge gezählt.<br />
Durch eine Entmachtung des Ständerates würde der extreme institutionelle Zwang<br />
zur Allparteien-Regierung <strong>und</strong> zur „Zauberformel“ gelockert, <strong>und</strong> ins-<br />
9 LU 74 f., UR 51, ZG 169, AG 42, Tl 99, VS 89; P–KC 132, P–SD 43; UETH 83, UFR 26 f., UBS 50 f.,<br />
USG 69; V–VSA 26, V–BSF 33.