Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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dürfte es noch Jahrzehnte dauern, bis die erste Frau Einsitz im B<strong>und</strong>esrat nimmt,<br />
während die neue Ordnung – aus Konkurrenzgründen im Hinblick auf die weibliche<br />
Wählerschaft – zwangsläufig Frauen in die Regierung bringen würde.<br />
Während das jetzige Regime mit seiner „Schwellen-Theorie“ bei einer Erhöhung der<br />
B<strong>und</strong>esratszahl um die Effizienz der Regierung bangt, ist es für das bipolare Modell<br />
unproblematisch, die Repräsentativkraft der Regierung zu erhöhen: Diese wird von<br />
einer einzigen Partei gestellt, durch die Richtlinien des Präsidenten koordiniert <strong>und</strong><br />
durch den Druck der Opposition zur Einheit zusammengeschmiedet.<br />
f) Sozialer Frieden, politische Stabilität<br />
(1) Unser Reformpaket würde, wie bereits ausgeführt, mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
eine auf sozio-ökonomische Konflikte ausgerichtete Bipolarität entstehen lassen.<br />
Der eine Pol würde aus der Sozialdemokratischen Partei hervorgehen, der andere<br />
aus einem Amalgam bürgeriicher Parteien. – Ist nicht zu befürchten, dass dadurch<br />
die sozialen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Auseinandersetzungen eine unnötige Härte <strong>und</strong><br />
Intransigenz erhalten, sich in einer Weise verschärfen, dass das politische Klima<br />
vergiftet wird – Wir halten eine solche Prognose für unrealistisch.<br />
Robert Dahl argumentiert zu Recht, dass Zweiparteienkonkurrenz nur dann einen<br />
politischen Konflikt anheizt, wenn die Meinungen in der Bevölkerung bereits stark<br />
polarisiert sind, das heisst, wenn grosse Bevölkerungsteile sich extremen Standpunkten<br />
auf der Linken <strong>und</strong> auf der Rechten anschliessen (U-förmige oder bimodale<br />
Verteilung der Meinungen). Hängt jedoch die grosse Masse der Leute relativ<br />
gemässigten Meinungen an, die sich voneinander nur in Nuancen unterscheiden<br />
(glockenkurvenförmige oder unimodale Verteilung der Meinungen), so hat das<br />
Zweiparteiensystem dagegen einen ausgesprochen moderierenden Effekt. 51 Die<br />
Erklärung hiefür ist einfach: Eine Partei, die sich extremen Standpunkten verschreibt,<br />
verliert in der Mitte des Meinungsspektrums an Boden, gerade dort, wo<br />
sich die grosse Zahl der Wähler befindet. Jede Partei wird also ihr Programm- <strong>und</strong><br />
Personalangebot auf die Zentrumswähler ausrichten, weil diese die Wahl entscheiden.<br />
– In England, Westdeutschland, aber auch in Schweden ist die Annäherung<br />
der Programme der antagonierenden Parteien oder Parteienblöcke deutlich feststellbar.<br />
Die Opposition in diesen Ländern verwirft die Politik der Regierungsmehrheit<br />
nicht gr<strong>und</strong>sätzlich, sondern sucht sie nur in Nuancen zu modifizieren.<br />
Echte Alternierungschancen besitzen einen eigenständigen Mässigungseffekt: Eine<br />
Opposition, die früher oder später selbst die Regierung stellt, wird nicht in hemmungslose<br />
Demagogie verfallen, sondern die Mehrheitspartei an Kriterien messen,<br />
denen sie, einmal an der Macht, selbst standhalten kann.<br />
In der Schweiz gibt es offensichtlich keine bimodale Verteilung der Meinungen. Die<br />
geringe Anhängerzahl extremer Parteien auf der Linken <strong>und</strong> auf der Rechten, die<br />
schwache programmatische Differenzierung der grossen Parteien, ja der<br />
51 Dahl, Oppositions (op. cit.), S. 372–376.