Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Kategorie „Regel BV 3“ figurieren, weisen deren 5 eine katholische Mehrheit auf.<br />
Von den 4 Kantonen, die für „Präs.-Dep.+ Amtsdauer“ votierten, sind zwei vorwiegend<br />
katholisch. Optionen für „Regel BV 3“ <strong>und</strong> für „Präs.-Dep.+ Amtsdauer“ reflektieren<br />
kaum die traditionelle Föderalismusideologie.<br />
Ein plausibler Erklärungsversuch der unterschiedlichen durchschnittlichen <strong>Innovation</strong>sneigung<br />
von Regierungsparteien einerseits <strong>und</strong> Kantonen anderseits könnte<br />
wie folgt lauten: Die CVP hat in den letzten Jahren auf B<strong>und</strong>esebene eine gewisse<br />
Dynamisierung erfahren, die vorwiegend auf Stimmenverluste bei den Nationalratswahlen<br />
von 1967 zurückzuführen ist. Die Partei verstärkte in der Folge ihr nationales<br />
Parteisekretariat <strong>und</strong> strebte eine Phase der parteiinternen Reform <strong>und</strong> Zentralisierung<br />
.an. Diese Dynamisierung hatte eine Auswirkung auf die Vernehmlassung<br />
an die Wahlen-Kommission, welche stark innovativ ausfiel, jedoch ohne eine<br />
restaurative Tendenz aufzuweisen. Die Kantone mit erheblichem CVP Einfluss<br />
dagegen übernahmen die Dynamik der Spitze nur abgeschwächt <strong>und</strong> zögernd. –<br />
Die hohe <strong>Innovation</strong>sneigung der SPSdagegen signalisiert kaum einen neuen<br />
Trend in dieser Partei. Die SPS-Optionen für „Regel BV 3“ (in concreto Umkehrung<br />
der Kompetenzvermutung), für „Prä-ponderanz NR“ <strong>und</strong> für „Berufsparlament“ bestätigen<br />
nur die grössere Zentralisierungsfreudigkeit dieser Partei <strong>und</strong> ihr Unbehagen<br />
über die schlechte Vertretung im Ständerat. Dass die Haltung der SPS auch in<br />
einer erheblichen Anzahl von Kantonsvernehmlassungen durchscheinen würde,<br />
war nicht zu erwarten, da diese Partei eine gleichmässigere Verteilung ihrer Anhänger<br />
auf die einzelnen Kantone aufweist als die CVP, sie demzufolge keine<br />
„Hochburgen“-Kantone besitzt wie die Katholiken-Partei. – Nebenbei sei erwähnt,<br />
dass die SPS sich nur mit geringem Engagement an der Verfassungsdiskussion<br />
beteiligte; dies geht aus der Kürze <strong>und</strong> Lückenhaftigkeit ihrer Vernehmlassung<br />
hervor. Offenbar hegt diese Partei einige Skepsis gegenüber dem vom bürgerlichen<br />
Lager inszenierten Reform-Unternehmen. Unsere Untersuchung bestätigt, dass<br />
diese Skepsis nicht gänzlich unbegründet ist; ironischerweise reichten nämlich die<br />
Parteien, denen die Motionäre Obrecht <strong>und</strong> Dürrenmatt angehören, Status quo<br />
Vernehm-lassungen ein. Auch die BGB-Partei, welcher F. T. Wahlen, Präsident der<br />
nach ihm benannten Kommission, angehört, lieferte eine 12seitige Eingabe ab, aus<br />
der im wesentlichen hervorgeht, dass im institutionellen Bereich alles beim alten zu<br />
bleiben habe.<br />
Tabelle 9, welche Kantonsgruppen nach verschiedenen Kriterien ausscheidet, erfordert<br />
noch einige zusätzliche Bemerkungen. Vorerst fällt auf, dass keine der ausgeschiedenen<br />
Kantonsgruppen eine besonders hohe <strong>Innovation</strong>sneigung aufweist;<br />
keine Gruppe erreicht die <strong>Innovation</strong>sfreudigkeit der Universitäten. Es gibt indesssen<br />
eine Kantonsgruppe mit ausgesprochen geringer <strong>Innovation</strong>sneigung, jene der<br />
rein französisch-sprachigen Stände Waadt, Neuenburg <strong>und</strong> Genf (m = 0,3). Schon<br />
die Voruntersuchung hatte diese Kantonsgruppe dem Rang mit der geringsten<br />
<strong>Innovation</strong>sneigung zugewiesen. Die Vermutung, dass der Sprachfaktor in den<br />
Vernehmlassungen wirksam wurde, wird zusätzlich durch die Tatsache bestätigt,<br />
dass auch die französisch-sprachigen Universitäten Lausanne <strong>und</strong> Neuenburg<br />
Status-quo-Vernehmlassungen einreichten. (Die Universität Genf beantwortete nur<br />
eine einzige Frage des Wahlen-Katalogs <strong>und</strong> weigerte sich somit, überhaupt auf<br />
eine generelle Verfassungsdiskussion einzugehen.) Die rein französisch-sprachigen<br />
Universitäten weisen einen m-Wert von<br />
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