Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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vor den frühen achtziger Jahren zu erwarten sei. 31 Selbst wenn man die föderalistische<br />
Struktur <strong>und</strong> die Tatsache berücksichtigt, dass bisher Kantone <strong>und</strong> Gemeinden<br />
– in allerdings sehr unterschiedlichem Ausmass – sich schon mit Raumplanung<br />
befassten, so ergibt sich immer noch ein Rückstand für die Schweiz. Andere<br />
Föderativstaaten hatten das entsprechende „Problembewusstsein“ bereits früher<br />
entwickelt <strong>und</strong> befassen sich auf B<strong>und</strong>esebene schon seit längerer Zeit mit der<br />
Raumplanungsproblematik (Leitlinien <strong>und</strong> Aktionsprogramm „Raumordnung für<br />
Österreich“ vom 4. 11. 1960; deutsches Raumordnungsgesetz vom 8. 4. 1965). –<br />
Eine schweizerische Gesamtverkehrskonzeption wird frühestens 1976 vorliegen. 32<br />
Auch hier ist der Rückstand beträchtlich. Die meisten westeuropäischen Länder<br />
arbeiten bereits mit solchen Verkehrskonzepten (z. B. schwedische Verkehrsrichtlinien<br />
von 1963, britisches Weissbuch über „Transport Policy“ von 1966; deutscher<br />
„Leber-Plan“ von 1967; österreichisches Verkehrskonzept von 1968). 33<br />
Klaus Schumann sieht die fehlende Planungskapazität im Zusammenhang mit<br />
institutionellen Faktoren. Hinsichtlich der Regierungsorganisation führte er aus:<br />
„Die funktionale Verflechtung der Exekutive mit der Verwaltung zieht erhebliche<br />
Friktionen bei der Erfüllung der gouvernementalen Aufgaben nach sich. Das<br />
Bestreben nach departementaler Hauspolitik’ in siebenfacher Ausfertigung<br />
bringt Leerlauf, Verlust an Rechtsstaatlichkeit <strong>und</strong> führt zu keiner koordinierten<br />
Regierungspolitik; monokratischer Aufbau der Verwaltung <strong>und</strong> kollegiales Prinzip<br />
der Exekutive divergieren. – Diese Aufsplitterung wirkt sich besonders negativ<br />
im Bereich der gouvernementalen Planung aus.“ 34<br />
Der gleiche Autor meint, dass die direktdemokratischen Institutionen „für die Entscheidungsfindungsprozesse,<br />
für die staatliche Leistungsfähigkeit eine starke Erschwerung<br />
<strong>und</strong> Verzögerung“ bedeuteten. 35 – Dass effiziente staatliche Planung mit<br />
der derzeitigen Ausgestaltung der „plebiszitären Komponente“ in der Schweiz kaum<br />
verträglich ist, liesse sich an zahlreichen Beispielen illustrieren. Planung hat die<br />
Tendenz, der „direkten Demokratie“ auszuweichen, <strong>und</strong> diese ihrerseits hat die<br />
Tendenz, rechtzeitige Planung zu vereiteln.<br />
Wenn Max Imboden von der „abnehmenden Leistung von Staat <strong>und</strong> Verwaltung“<br />
spricht, so hat er offenbar in der Hauptsache einen absoluten Leistungsabfall gegenüber<br />
früheren, besseren Zeiten im Auge: Die öffentlichen Dienste verlieren ihre<br />
„sprichwörtliche Zuverlässigkeit“, die Post reduziert ihre Leistungen usw. 36 Ob generell<br />
ein absoluter Leistungsabfall belegt werden kann, sei hier offengelassen. Deutlich<br />
erkennbar erscheint uns jedoch ein relativer Leistungsverlust des Staates. Dieser<br />
vermag mit den gesteigerten Bedürfnissen der<br />
31 Über die administrativen Aspekte der Raumplanung in der Schweiz siehe: Raim<strong>und</strong> E. Germann,<br />
Planungsverwaltung in der Schweiz, Referat für den Workshop on Comparative Administration, European<br />
Consortium for Political Research, Mannheim 12.118. April 1973, hektographiert.<br />
32 Siehe oben S. 140.<br />
33 Über den Stand der Verkehrsplanung in zahlreichen westeuropäischen <strong>und</strong> weiteren Ländern siehe:<br />
Eidg. Kommission für die schweizerische Gesamtverkehrskonzeption GVK-CH, Verkehrskonzeptionen<br />
im Ausland (Arbeitsunterlage Nr. 10), 15. Mai 1973.<br />
34 Schumann, op. cit., S. 203.<br />
35 Schumann, op. cit., S. 257.<br />
36 Imboden, Malaise (op. cit.), S. 12.