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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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163<br />

wie das Referendum als Vetoinstrument benützt werden. Es scheint, dass konservative<br />

Kräfte die Initiative wirksamer zur Unterstützung ihrer Postualte einzusetzen<br />

vermögen als neuerungsorientierte. Die gescheiterte Bodenrechtsinitiative<br />

der Sozialdemokraten hatte eine weniger nachhaltige Wirkung als die gescheiterte<br />

Überfremdungsinitiative von James Schwarzenbach.<br />

In seiner Untersuchung über das Verhältnis zwischen direkter Demokratie <strong>und</strong><br />

Wirtschaftsordnung kommt Rudolf Rohr zum Schluss, „dass die Belange einer freiheitlichen<br />

Wirtschaftsordnung weit besser als in der repräsentativen in der direkten<br />

Demokratie aufgehoben sind.“ 8 Wir stimmen mit diesem Urteil überein, nur würden<br />

wir anders formulieren: Die direktdemokratischen Institutionen auf B<strong>und</strong>esebene<br />

gewährleisten nondecision making im sozialen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Bereich besser<br />

als ein repräsentatives System.<br />

(2) Regierungsorganisation<br />

Die Organisation des schweizerischen B<strong>und</strong>esrates ist auf Paralyse der Regierungstätigkeit,<br />

auf gouvernementales nondecision making angelegt. Die wichtigsten<br />

Elemente dieses Sachverhaltes seien hier nochmals aufgezählt: permanente Grosse<br />

Koalition, die zu einer sehr hererogenen Zusammensetzung der Regierung führt;<br />

Unmöglichkeit des B<strong>und</strong>esrates, für ein Regierungsprogramm eine demokratische<br />

Legitimierung einzuholen; Nichthierarchisierung der Regierung <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enes<br />

„zersplitterndes Departementaldenken“ <strong>und</strong> „departementale Hauspolitik in<br />

siebenfacher Ausfertigung“. – Die Expertenkommission Huber verteidigte das „Kollegialitätsprinzip“<br />

ausdrücklich mit dem Argument, dass es die wechselseitige Kontrolle<br />

der Regierungsmitglieder erlaube.<br />

„Das Kollegium ... hat auch einen machthemmenden oder nötigenfalls machtbrechenden<br />

Sinn. Jeglicher Gestalt von Einherrschaft, der die schweizerische<br />

Auffassung abgeneigt ist, wird vorgebaut. Wie das Kollegium die zersplitterten<br />

<strong>und</strong> zersplitternden Kräfte zusammenführt, so soll es auch Machtkonzentrationen,<br />

die etwa in der Institution des stark abgehobenen Präsidenten entstehen<br />

könnten, verhindern. Die Mitglieder des Kollegiums sollen sich nach dieser Vorstellung<br />

gegenseitig in Schach halten, Überbordungen auf das Mass zurückführen.“<br />

9<br />

Die institutionellen Vorkehrungen, mit denen andere westliche Demokratien auf<br />

eine gewisse Geschlossenheit <strong>und</strong> Einheitlichkeit der Regierung hinwirken (wie<br />

zum Beispiel Wahlmodus, Koalitionsvertrag, Programm, Hierarchie, parlamentarische<br />

Verantwortlichkeit) fehlen im schweizerischen System. Für eine minimale<br />

Kohärenz ist die schweizerische Regierung ausschliesslich auf den informellen <strong>und</strong><br />

unkontrollierbaren Sozialisationsprozess angewiesen, dem die Träger der B<strong>und</strong>esratsrollen<br />

unterliegen <strong>und</strong> der durch das relativ lange Verbleiben der Minister im<br />

Amt verstärkt wird. – Die früher gültige Norm, wonach der B<strong>und</strong>esrat mindestens<br />

gegenüber der Öffentlichkeit als Einheit auftreten sollte, scheint an Verbindlichkeit<br />

verloren zu haben. In jüngster Zeit haben<br />

8 Rudolf Rohr, „Direkte Demokratie <strong>und</strong> Wirtschaftsordnung“, Schweizer Monatshefte, 45. Bd., 1965/66,<br />

S. 774.<br />

9 Huber-Bericht, S. 89 f.

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