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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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besondere die Sozialdemokratische Partei erhielte im Hinblick auf das Eingehen<br />

von Koalitionen einen grösseren Manövrierbereich. Die Repräsentationsbasis des<br />

Ständerates reduziert die sozialdemokratische Vertretung in dieser Kammer auf nur<br />

vereinzelte Sitze; eine „kleine Koalition“ der SPS mit der CVP beispielsweise ist<br />

dadurch praktisch ausgeschlossen.<br />

Vereinzelte Vorschläge versuchen, durch Änderung der Repräsentationsbasis des<br />

Ständerates die extreme Untervertretung der Sozialisten in dieser Kammer zu mildern.<br />

Diese Vorschläge wurden nicht als „radikal“ gewertet, weil der mit ihnen zu<br />

erreichende Proportionalisierungseffekt gering wäre. Sie sehen nämlich durchwegs<br />

„kleine“ <strong>und</strong> sehr heterogene Wahlkreise vor, d. h. der Wahlkreis bliebe der Kanton,<br />

der im Maximum 4, eventuell 5 Deputierte in den Ständerat abordnen könnte. (Die<br />

Bedeutung der „Wahlkreisgrösse“ soll später ausführlich erörtert werden).<br />

Aus naheliegenden Gründen wurden Vorschläge nicht als „radikal“ eingestuft, welche<br />

eine Doppelvertretung der Halbkantone im Ständerat postulieren. (Im jetzigen<br />

System können diese nur einen Deputierten abordnen, während alle übrigen Kantone<br />

deren zwei besitzen).<br />

Eine Präponderanz des Nationalrats im oben definierten Sinn postulieren ein Kanton,<br />

eine Regierungspartei, eine Oppositionspartei <strong>und</strong> eine Universität. 10 – Der<br />

Kanton Wallis, der sich zu einem Föderalismus-Modell von Professor Darbellay n<br />

bekennt, möchte zwar den Kompetenzbereich des Ständerates einengen, verbindet<br />

diese Lösung jedoch mit Reservatrechten der Kleinen Kammer, so dass von einer<br />

nationalrätlichen Präponderanz nicht die Rede sein kann. Das Darbellay-Modell<br />

würde zweifellos auch nicht den Zwang zur Grossen Koalition mildern. Dieser Vorschlag<br />

wurde deshalb hier nicht mitgezählt.<br />

(5) Wahlrecht<br />

Alle Stellungnahmen, die eine Änderung des derzeitigen Wahlsystems für die Bestellung<br />

des Nationalrates postulieren, wurden als „radikal“ eingestuft, mit Ausnahme<br />

derjenigen, die es lediglich „den Kantonen ermöglichen wollen, ihr Gebiet in<br />

mehrere Wahlkreise einzuteilen. Jene Vorschläge hingegen, die – unter Beibehaltung<br />

der übrigen Komponenten des Wahlsystems – die Schaffung „kleiner“ Wahlkreise<br />

mit höchstens 7 Abgeordneten anstreben, wurden wiederum als „radikal“<br />

gewertet. – Wahlkreise mit relativ geringer Mandatzahl schaffen de-facto-<br />

Sperrklauseln <strong>und</strong> würden wahrscheinlich einige Kleinparteien aus dem Parlament<br />

verdrängen.<br />

Bei Anwendung der genannten Kriterien postulieren vier Kantone, eine Regierungspartei<br />

sowie drei Universitäten eine Wahlrechtsänderung 12 Lediglich kleine<br />

Wahlkreise streben der Kanton Zug sowie die Eidgenössische Technische Hochschule<br />

an. Die Universität Zürich postuliert kleine Wahlkreise verb<strong>und</strong>en mit zusätzlichen<br />

Modifikationen des Wahlrechts. Drei Kantone, eine B<strong>und</strong>esratspartei sowie<br />

eine Universität befürworten ein Wahlsystem nach dem Muster der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland.<br />

10 AG 57; P–SD 58, PDA 57 f.; UZH 97 u. 238.<br />

11 Jean Darbellay, „Vers la révision totale de la Constitution fédérale“, in: Totalrevision der B<strong>und</strong>esverfassung<br />

– Ja oder Nein (op. cit.), S. 55–67.<br />

12 UR 117, ZG 200, AI 133, AG 128; P–KC 409; UETH 100, UZH 264, UFR 435.

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