Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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„To enrich their own <strong>und</strong>erstanding and to give broader meaning to their own<br />
social reality, the great political theorists of the past fo<strong>und</strong> it useful to construct<br />
new and often radically different conceptions of future possible kinds of political<br />
relationships. By formulating such broad, speculative alternatives to the<br />
here and now we too can begin to <strong>und</strong>erstand better the deficiencies of our<br />
own political systems and to explore adequate avenues of change that are so<br />
desperately needed. This, I would argue, must now be considered part of the<br />
task and responsibility of science if it is to retain its relevance for the contemporary<br />
world.“ 28<br />
In engem Bezug zu unserem Totalrevisionsanliegen steht die Feststellung von<br />
Yehezkel Dror: „The requirement to study alternative domestic political futures constitutes<br />
a main conclusion from a policy science view.“ 29<br />
Nach Auffassung des Verfassers ist das systematische, disziplinierte Konstruieren<br />
von alternativen Verfassungsmodellen der zentrale Beitrag, den die Wissenschaft<br />
für eine Totalrevisionsdiskussion leisten kann. Es geht dabei darum, „alternative<br />
politische Zukünfte“ als denkbar, vorstellbar aufzuweisen. Erst durch solche Modelle<br />
kann das „kritische Wechselverhältnis“ zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Politik in<br />
Gang gesetzt <strong>und</strong> Fortschritte in der Zielklärung erreicht werden. Klaus Lompe<br />
weist darauf hin, dass man „zur Klärung der konkreten Entscheidsituation von der<br />
Analyse der zu einem bestimmten Zeitpunkt bewussten Handlungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Konsequenzen ausgehen kann“. 30 Gerade das Bewusstmachen von Handlungsmöglichkeiten<br />
darf als vornehme Aufgabe der Wissenschaft verstanden werden;<br />
im Falle einer Totalrevision scheint dafür die sorgfältige Konstruktion von heuristischen<br />
Verfassungsmodellen unerlässlich zu sein. – Diese Auffassung steht im<br />
Gegensatz zu jener der WahlenKommission, die das „Alternativen-Denken“ gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
verwarf.<br />
d) Standards für die Herstellung von heuristischen Verfassungsmodellen<br />
Die eben formulierten vier Maximen sind vorerst noch vage <strong>und</strong> bedürfen der Konkretisierung,<br />
sofern eine nach ihnen ausgerichtete Totalrevisionsberatung das „kritische<br />
Wechselverhältnis“ mit den Verfassungspolitikern einleiten soll. Die gewünschte<br />
Konkretisierung versuchen wir zu erreichen, indem wir Standards für das<br />
Konstruieren von heuristischen Verfassungsmodellen oder -leitbildern herausarbeiten.<br />
Die Standards sollen dem Spekulieren über politische Zukünfte der Schweiz<br />
eine systematische, disziplinierte Form geben; sie wollen einen Mittelweg zwischen<br />
„kognitivem Perfektionismus <strong>und</strong> blosser Spekulation“ 31 markieren. Folgende Standards<br />
seien zur Diskussion gestellt.<br />
(1) Das fehlende gesicherte Wissen über die Gestaltungskraft von Verfassungsrecht<br />
(<strong>und</strong> von Rechtsnormen überhaupt) muss durch begründete, plausibel erscheinende<br />
Vermutungen überbrückt werden. Nicht in das Geschäft der<br />
28 Easton, New Revolution (op. cit.), S. 1058.<br />
29 Dror, op. cit., S. 69.<br />
30 Lompe, op. cit., S. 135.<br />
31 Lompe, op, cit., S. 102 ff.