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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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Genf ein einziges Kommissionsmitglied stellen; ihre Stimmkraft hätte ihnen in diesem<br />

Kanton (24 Kommissionsmitglieder) eine Vierervertretung verheissen. 23 Die<br />

Wirtschaftsverbände beteiligten sich nicht sehr stark in den Kantonalkommissionen:<br />

weniger als ein Prozent aller Kommissionsmitglieder (in 23 Kantonen) waren Bauernvertreter,<br />

etwa 2,5 % waren Arbeitnehmer- <strong>und</strong> etwa 6 % Arbeitgebervertreter.<br />

Arbeitnehmerorganisationen schickten ihre Emissäre in acht <strong>und</strong> Arbeitgeberverbände<br />

in elf (von 23) Kantonalkommissionen. Die Arbeitgeberfunktionäre überwogen<br />

somit deutlich gegenüber ihren „Sozialpartnern“, die man in der Regel eher auf<br />

der linken Seite des politischen Spektrums einzuordnen pflegt. 24<br />

Bei den Universitätsvernehmlassungen vermochten Leute sozialdemokratischer<br />

Observanz nur einen geringen Einfluss auszuüben. In der Schweiz besteht die<br />

Tendenz, dass Hochschullehrer sich apolitisch geben oder mit bürgerlichen Parteien<br />

sympathisieren. Besonders bei der im Revisionsunternehmen strategisch<br />

bestplazierten Gruppe der Staatsrechtslehrer sind Sozialisten ausgesprochene<br />

Ausnahmefälle. Staats- <strong>und</strong> Verwaltungsrechtslehrer stehen in der Regel der „freisinnigen<br />

Grossfamilie“ 25 oder – sofern sie an der Universität Freiburg dozieren – der<br />

CVP nahe. 26<br />

Bedeutend gravierender als die Unterrepräsentation der politischen Linken im Revisionsunternehmen<br />

war jene der Frauen. In der Wahlen-Kommission sass eine einzige<br />

Frau. Damit setzte die Kommission den Standard für die Beteiligung der Frauen<br />

in den Kantonalkommissionen. In diesen Arbeitsgruppen betrug die Durchschnittszahl<br />

der Frauen 1,35 (in den welschen Kantonen 2). 27 Die Kantone Schwyz,<br />

Nidwaiden, Solothurn <strong>und</strong> Appenzell-Ausserrhoden beteiligten überhaupt keine<br />

Frauen an der Verfassungsarbeit. (An den Vernehmlassungen der kommissionslosen<br />

Kantone Zürich <strong>und</strong> Appenzell-Innerrhoden wirkten selbstverständlich<br />

auch keine Frauen mit.) Von den 330 Mitgliedern der Kantonalkommissionen waren<br />

nur 31 Frauen (9,4 Prozent). – Auch die politischen Parteien übten Zurückhaltung<br />

gegenüber den Frauen: 6 Frauen in der CVP-Kommission <strong>und</strong> je 3 in der freisinnigen<br />

<strong>und</strong> in der sozialdemokratischen Kommission. Mit je einer Frau begnügten sich<br />

der Landesring, die Liberal-demokratische Union <strong>und</strong> die Demokraten, während die<br />

BGB-Partei <strong>und</strong> die Evangelische Volkspartei gänzlich auf weiblichen Sukkurs verzichteten.<br />

Von 224 im Antwortenband II aufgeführten Teilnehmern von Parteikommissionen<br />

waren nur 15 Frauen (6,7 Prozent). – Die Namenliste im Antwortenband<br />

der Universitäten führt überhaupt keine weiblichen Namen auf; Dies überrascht<br />

nicht, da der Beruf des Hochschullehrers in der Schweiz in extremer Weise ein<br />

Männerberuf ist. – Bei den Eingaben von Interessenverbänden darf angenommen<br />

werden, dass sie ausschliesslich von Männern verfasst wurden, sofern es sich nicht<br />

gerade um einen Frauenverband handelte.<br />

23 Delley, op. cit., S. 11.<br />

24 Sämtliche Angaben über die Verbandspräsenz in den Kantonalkommissionen sind entnommen aus:<br />

Ossipow, op. cit., S. 19 f.<br />

25 Ausdruck von: Erich Grüner, Die Parteien in der Schweiz, Bern 1969, S. 73.<br />

26 Der Genfer Professor Alexandre Berenstein war bis vor kurzem wahrscheinlich der einzige sozialdemo<br />

kratische Inhaber eines juristischen Lehrstuhls in der Schweiz. 1971 wurde er B<strong>und</strong>esrichter. Neuer<br />

dings sind auch die Professoren für öffentliches Recht R. Bäumlin (Bern) <strong>und</strong> Ch. A. Morand (Genf)<br />

Mitglieder der SPS.<br />

27 Delley, op. cit., S. 6.

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