Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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wirksameres <strong>und</strong> weniger irrationales Ventil für Unzufriedenheit im Volk als die<br />
derzeitigen direktdemokratischen Mechanismen. Abrupte <strong>und</strong> potentiell destruktive<br />
Änderungen der Regierungspolitik nach einem Machtwechsel sind nicht zu erwarten.<br />
Mögliche Spannungen zwischen Sprachgruppen werden abgefangen, indem<br />
den sprachlichen Minderheiten vorweg eine überproportionale Regierungsbeteiligung<br />
eingeräumt wird. Während die Verhandlungsposition der Regierung gegenüber<br />
organisierten Interessen gestärkt wird, bleibt diesen doch ein substantieller<br />
Anteil am Entscheidungsprozess.<br />
g) Gewaltenteilung<br />
Das Konkurrenzverhältnis zwischen den Parteien führt im bipolaren Modell zu straffer<br />
Parteidisziplin im Abstimmungsverhalten der Parlamentarier. Die Regierung<br />
kann mit der Gefolgschaft der Partei rechnen, aus der sie hervorgegangen ist. Der<br />
Gegensatz zwischen Parlament <strong>und</strong> Regierung entfällt, <strong>und</strong> es entsteht ein faktischer<br />
Monismus; von Gewaltenteilung zwischen Legislative <strong>und</strong> Exekutive im klassischen<br />
Sinn kann nicht mehr die Rede sein. Gegenüber dem jetzigen System, wo<br />
der Gegensatz zwischen Parlament <strong>und</strong> Regierung ebenfalls stark verwischt ist,<br />
stellt dies kaum eine wesentliche Neuerung dar. Das bipolare Modell bringt indessen<br />
eine neue Form der Gewaltenteilung, jene zwischen Regierungsmehrheit <strong>und</strong><br />
Opposition. Wir halten dafür, dass in einer modernen Massendemokratie diese<br />
Form der Gewaltenteilung am ehesten imstande ist, staatliche Macht unter Kontrolle<br />
zu halten. In diesem Zusammenhang kann auf das wohldokumentierte Buch von<br />
Norbert Gehrig über Parlament – Regierung – Opposition verwiesen werden. Dieser<br />
Autor legt in ausführlicher Argumentation dar, dass eine wirksame parlamentarische<br />
Kontrolle der Regierung an Dualismus <strong>und</strong> eine starke, kohärente Opposition geb<strong>und</strong>en<br />
ist. 55<br />
h) Aussenpolitik<br />
Unsere Randbedingungen verlangen, dass eine <strong>Verfassungsreform</strong> die bestehende<br />
relative Unabhängigkeit der Schweiz gegenüber dem Ausland nicht gefährden darf.<br />
Wir können uns in der Tat keine plausible Argumentation vorstellen, welche eine<br />
solche Gefährdung durch das bipolare Modell als wahrscheinlich aufzeigen würde.<br />
Vielmehr scheint uns, das sich das Modell für die schweizerische Aussenpolitik in<br />
mehrfacher Hinsicht positiv auswirken könnte. Seine möglichen Pluspunkte unter<br />
diesem Gesichtswinkel seien im folgenden kurz angedeutet.<br />
(1) Erweiterter Manöverierbereich <strong>und</strong> erhöhte Reaktionsfähigkeit, welche die Reform<br />
der Regierung verschaffen soll, sind nicht nur innenpolitisch vorteilhaft, sondern<br />
auch aussenpolitisch. Ob die Schweiz schliesslich der EWG voll beitreten wird<br />
oder nicht, die europäische Integration wird für unser Land Herausforderungen<br />
schaffen, auf die das neue Regierungssystem wahrscheinlich<br />
55 Gehrig, op. cit., siehe besonders das Kapitel „Gewaltenteilung“, S. 207–249.