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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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kommt. Auch ist es menschlich einfühlbar, dass Kurt Eichenberger die eingegangenen<br />

Vernehmlassungen im Sinne von Hongler- <strong>und</strong> Huber-Bericht interpretierte.<br />

Die fragliche Rollenkumulation räumte einer Vernehmlassung – im Bereich des<br />

„Regierungssystems“ – nur die Chance ein, entweder als Akklamation von Hongler<strong>und</strong><br />

Huber-Bericht aufgefasst zu werden oder aber die Qualifikation zu erhalten, sie<br />

befinde sich nicht auf dem in den beiden Berichten verkörperten neuesten Stand<br />

des Wissens. Die Rollenkumulation negierte damit die Aussage von Kommissionspräsident<br />

F. T. Wahlen, wonach die Frage „Totalrevision ja oder nein“ erst beantwortet<br />

werden könne, wenn „die Reaktionen des Volkes“ zum Fragenkatalog sichtbar<br />

geworden seien. 38<br />

Nicht nur im Fall der Hongler- <strong>und</strong> Huber-Kommission hob die Wahlen-Kommission<br />

das Spannungsverhältnis zwischen externer Teilreform <strong>und</strong> Totalrevisionsunternehmen<br />

zugunsten der als sakrosankt erklärten Teilreform auf. – Am 6. Mai 1970<br />

hatte der B<strong>und</strong>esrat rein verwaltungsinterne „Richtlinien über das Vorverfahren der<br />

Gesetzgebung“ erlassen, sie allerdings im B<strong>und</strong>esblatt publiziert. Es handelt sich<br />

dabei um die Reglementierung der wohl zentralsten Angelegenheit im Staat, nämlich<br />

die Art <strong>und</strong> Weise, wie Gesetze gemacht werden. Die Wahlen-Kommission<br />

beanstandete im wesentlichen nur, dass die Materie nicht mindestens auf Gesetzesstufe<br />

geregelt wurde, <strong>und</strong> schlug einen Verfassungsartikel vor, welcher die Prinzipien<br />

der „Richtlinien“ zusammenfasst. 39 – Seit 1968 erlässt der B<strong>und</strong>esrat zu<br />

Beginn einer Legislaturperiode sogenannte Richtlinien der Regierungspolitik, die<br />

jedoch weder für ihn noch für das Parlament verbindlich sind. 40 Es handelt sich<br />

dabei um eine typische Scheinreform. 41 Die Wahlen-Kommission kommentierte:<br />

„Es ist zweckmässig, bei diesem Stand einmal zu verbleiben. Die angelaufene<br />

Praxis um die Richtlinien der Regierungspolitik’, die 1968 erstmals aufgestellt<br />

wurden, scheint eine massvolle <strong>und</strong> überlegte Gesamtplanung veranlasst zu<br />

haben. Ob dieser Weg tatsächlich ergiebig ist <strong>und</strong> ob allenfalls andere einzuschlagen<br />

wären, darf offene Frage bleiben.“ 42<br />

Beim Problem des Parlamentssekretariates, das organisatorisch der B<strong>und</strong>eskanzlei<br />

<strong>und</strong> damit der Exekutive untersteht, stellte sich die Kommission hinter die Lösung<br />

des B<strong>und</strong>esbeschlusses über die Parlamentsdienste vom 9. März 1972, der die<br />

Doppelstellung der B<strong>und</strong>eskanzlei beibehält. 43<br />

Bei den bisher erwähnten externen Teilrevisionsbemühungen handelte es sich um<br />

Unternehmen, die bereits in Gang gesetzt waren, als die Wahlen-Kommission ihre<br />

Tätigkeit aufnahm. Neue externe Partialreformunternehmen wurden zudem zu<br />

einem Zeitpunkt eingeleitet, da die Arbeit der Wahlen-Kommission schon weit fortgeschritten<br />

war. Nachdem die Antworten auf den Fragenkatalog bereits eingegangen<br />

<strong>und</strong> publiziert waren, veranstaltete eine Studienkommission unter dem Vorsitz<br />

von Vizekanzler Walter Buser eine neue<br />

38 Siehe oben Seite 79, Note 7.<br />

39 SB S. 609–614.<br />

40 Botschaft des B<strong>und</strong>esrates an die B<strong>und</strong>esversammlung über die Ergänzung des Geschäftsverkehrsgesetzes<br />

durch die Artikel 45bis <strong>und</strong> 45ter betreffend Richtlinien der Regierungspolitik vom 12. 11. 1969.<br />

41 Siehe unten S. 177 ff. 42 SB S. 542.<br />

43 SB S. 492–494.

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