Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Universitäten unterhielten gesamthaft 39 Verfassungskommissionen (die Kantone<br />
Zürich <strong>und</strong> Appenzell AI sowie die Universität Freiburg arbeiteten ohne Kommission).<br />
In mindestens 27 dieser Kommissionen sassen Kumulanten. 21 Durch Rollenkumulation<br />
war die Wahlen-Kommission mit 4 Kantonen, 3 Regierungsparteien,<br />
einer Universität <strong>und</strong> einer ideellen Vereinigung liiert. Das Kommissionsmitglied 0.<br />
K. Kaufmann erstattete zudem der Schweizerischen Bischofskonferenz ein Gutachten<br />
<strong>und</strong> redigierte die bereinigte Eingabe der Bischöfe an die Wahlen-<br />
Kommission. 22<br />
Wegen des durchwegs sehr hohen Sozialprestiges der Kumulanten darf angenommen<br />
werden, dass sie eine ziemlich wirksame „Koordination“ der Debatte zu<br />
erreichen vermochten. Einzelne Vernehmlassungen tragen den Stempel dieser<br />
„Koordinatoren“. Professor Jean-Francois Aubert beispielsweise, ein erklärter Gegner<br />
der Totalrevision, wirkte in der Kantonskommission <strong>und</strong> in der Universitätskommission<br />
von Neuenburg sowie in der Arbeitsgruppe der Liberal-demokratischen<br />
Union mit. Alle drei Instanzen reichten Status-quo-Ver-nehmlassungen ein.<br />
Die Vereinigung der Staats- <strong>und</strong> Verwaltungsrechtslehrer an schweizerischen<br />
Hochschulen umfasste im Februar 1971 38 Mitglieder mit Professortitel. Von diesen<br />
beteiligten sich 26 (oder 69 Prozent) an der Verfassungsdiskussion: 13 in je einer<br />
Kommission, 7 in je zwei Kommissionen, 4 in je drei Kommissionen, einer in 4 <strong>und</strong><br />
einer in 5 Kommissionen. Von den 12 Nichtbeteiligten waren wenigstens 7 entweder<br />
nur nebenamtlich im Lehrfach tätig oder bereits im Ruhestand. – Der Berufsstand<br />
der Staats- <strong>und</strong> Verwaltungsrechtslehrer leistete somit im Vergleich mit anderen<br />
Berufsgruppen zweifelsfrei den bedeutendsten Einsatz in der Verfassungsdiskussion.<br />
Von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, haben die Mitglieder dieser<br />
Berufsgruppe nie einen besonderen Enthusiasmus für die Totalrevision der B<strong>und</strong>esverfassung<br />
bek<strong>und</strong>et. Vielmehr entstand in gewissen Fällen der Eindruck, als<br />
habe sich die Bereitschaft zur Kommissionsmitarbeit umgekehrt proportional zur<br />
Befürwortung einer Totalrevision verhalten.<br />
c) Die Linke, die Frauen <strong>und</strong> die Jungen<br />
Bereits haben wir gesehen, dass in der Wahlen-Kommission die Sozialdemokraten,<br />
gemessen an ihrer Vertretung in National- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat, leicht unterrepräsentiert<br />
waren. Jean-Daniel Delley stellte fest, dass im allgemeinen die kantonalen Verfassungskommissionen<br />
parteipolitisch ziemlich genau nach Massgabe der Kantonsparlamente<br />
zusammengesetzt waren, dass jedoch die Sozialdemokratie eine gewisse,<br />
allerdings geringfügige Unterrepräsentation hinnehmen musste. Wäre man<br />
vom Verteilungsschlüssel des Kantonsparlaments ausgegangen, so hätten die<br />
Sozialisten beispielsweise in der Berner Kommission (23 Mitglieder) Anspruch auf 3<br />
zusätzliche Sitze gehabt. Die Partei der Arbeit (Kommunisten) war in 5 Kantonsparlamenten<br />
vertreten, konnte aber nur in<br />
21 Folgende Kommissionen wiesen mehr als zwei Kumulanten auf: BE, FR, SG, Tl, VD; P–FD, P–KC,<br />
P–SD; UBE, UBS. In der CVP-Kommission (84 Mitglieder) sassen 16 Kumulanten, in der freisinnigen<br />
Kommission (41 Mitglieder) deren 11.<br />
22 Korff et al., op. cit., S. 65.