Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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„Wohl niemand wird es deutlicher empfinden als die Expertenkommission<br />
selbst, dass die angestrebten Reformen nur sehr begrenzt durch rechtliche Bestimmungen<br />
zustande gebracht <strong>und</strong> gesichert werden können. Zwar versucht<br />
der Gesetzentwurf, die zeitgemässe Exekutive zu erfassen, ihr das rechtliche<br />
Gerüst zu geben <strong>und</strong> Ziele ihres Handelns zu setzen. Aber das Eigentliche, das,<br />
worauf es letztlich für das Gelingen ankommt, lässt sich durch Rechtsnormen oft<br />
nur andeuten, <strong>und</strong> dass es sich durchsetzt, kann nicht wieder durch Normen<br />
gewährleistet werden. Das Entscheidende nämlich liegt in der Einstellung, in der<br />
Gr<strong>und</strong>haltung <strong>und</strong> im rechtlich nicht fassbaren Willen der Amtsträger vieler Stufen:<br />
Sie müssen, gleichsam im Alltag des Verwaltungslebens <strong>und</strong> der Politik,<br />
das Bild einer zeitgemässen Exekutive verwirklichen in Bereichen <strong>und</strong> Tatbeständen,<br />
die innerhalb <strong>und</strong> jenseits rechtlicher Festlegungen liegen.“ 40<br />
Die Null-Hypothese besitzt im schweizerischen Kontext erhebliche Überzeugungskraft.<br />
Da die politischen Entscheidungsprozesse weitgehend dem freien Spiel des<br />
„Interessengruppen-Liberalismus“ überlassen sind, können Rechtsnormen in der<br />
Tat nur eine sehr bescheidene gestaltende Wirkung besitzen. Die Politik des Interessengruppen-Liberalismus<br />
ist, wie dies Lowi pointiert ausdrückt, „policy without<br />
law“. 41 – Bei Wahlen- <strong>und</strong> Huber-Kommission besitzt die Null-Hypothese indessen<br />
deutlich den Charakter einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Da die Reformdiskussion<br />
von vornherein auf isolierte Retuschen, auf einen ausgeprägten Inkrementalismus<br />
ausgerichtet ist, dessen Reformtauglichkeit schon aus logischen Gründen<br />
zweifelhaft ist, vermag sich die Null-Hypothese immer wieder zu bestätigen.<br />
(2) Die Annahmen für die Modellkonstruktion<br />
Das Konstruieren von Verfassungsmodellen ist sinnlos, wenn dem Verfassungsrecht<br />
nicht eine gewisse Gestaltungskraft zugebilligt wird. Die Null-Hypothese eignet<br />
sich also nicht als Gr<strong>und</strong>lage für unsere Arbeit. Anderseits darf auch nicht angenommen<br />
werden, dass beliebige Ziele durch entsprechende Verfassungsarrangements<br />
erreicht werden können. Selbst dort, wo Doktrin <strong>und</strong> Erfahrung nahelegen,<br />
dass bestimmte Verfassungsvorkehrungen bestimmte Ziele befördern, darf nicht<br />
eine starre Ursache-Wirkung-Beziehung postuliert werden. Vielmehr gilt:<br />
Annahme 1<br />
Verfassungsarrangements vermögen nicht mit Sicherheit bestimmte Erfolge zu<br />
produzieren. Hingegen können sie Zwänge oder Rahmenbedingungen setzen,<br />
welche die Wahrscheinlichkeit bestimmter Erfolge erhöhen.<br />
Unsere beiden Analyseansätze, der macht- <strong>und</strong> der kommunikationstheoretische,<br />
implizieren diese Annahme <strong>und</strong> versuchen, sie plausibel zu machen. Sie postulieren<br />
beispielsweise, dass eine institutionell bedingte Häufung von Vetopositionen die<br />
Steuerungskapazitäten des Staates herabsetzen. – Trotz der bereits erwähnten<br />
Desillusioniertheit mit Verfassungstechnologie im Ausland darf wohl nicht negiert<br />
werden, dass ein gewisser Zusammenhang besteht zwischen der erhöhten Regierungsstabilität<br />
in der Fünften Republik <strong>und</strong> den Vor-<br />
40 Huber-Bericht, S. 6.<br />
41 Lowi, op. cit., S. 125.