11.01.2015 Aufrufe

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

67<br />

neigungen in den Kantonseingaben zu erklären vermag, nämlich die personelle<br />

Zusammensetzung der kantonalen Arbeitsgruppen <strong>und</strong> deren unterschiedliche<br />

Repräsentativität. Die Zürcher Regierung setzte überhaupt keine Arbeitsgruppe ein,<br />

in der verschiedene Strömungen sich hätten Gehör verschaffen können, sondern<br />

liess offenbar verwaltungsintern nach Massgabe ihrer Weisungen eine Antwort zum<br />

Fragenkatalog erstellen. Zweifel an der Repräsentativität der Zürcher Kantonsvernehmlassung<br />

ergeben sich aus der Tatsache, dass die beiden Hochschulen auf<br />

dem Platze Zürich sehr innovative Eingaben einreichten (Eidg. Technische Hochschule:<br />

3 rV, Universität Zürich: 5 rV). In Zürich entstand zudem eine „Arbeitsgruppe<br />

‘Totalrevision statt Totalretuschierung’“, die sich aus vier Juristen, einem Naturwissenschaftler,<br />

einem Psychologen <strong>und</strong> Mediziner, zwei Architekten, einem Ingenieur<br />

<strong>und</strong> zwei Journalisten zusammensetzte. Die Gruppe gab eine Kampfschrift<br />

heraus unter dem Titel: „Helvetische Alternativen. Eine Kritik am Unternehmen der<br />

Totalretuschierung unserer Verfassung, nebst einem neuen Fragebogen“. Die Broschüre<br />

figurierte während Wochen an erster Stelle auf der Bestseller-Liste einer<br />

Wochenzeitung. 19<br />

e) <strong>Innovation</strong>sneigungen <strong>und</strong> <strong>Innovation</strong>schancen<br />

Zwei grosse Regierungsparteien, mehr als die Hälfte der Kantone sowie drei Viertel<br />

der Universitäten reichten Vernehmlassungen ein, die eine erhebliche Veränderung<br />

des institutionellen Status quo im wichtigen Bereich des „Regierungssystems“ befürworten.<br />

(Bedeutet dies, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit signifikante<br />

Veränderungen in diesem Bereich tatsächlich auch eintreten werden<br />

Um diese Frage beantworten zu können, reicht es nicht aus, bloss <strong>Innovation</strong>sneigungen<br />

ungeachtet ihrer Richtung zu studieren. Vielmehr muss untersucht werden,<br />

ob sich im Hinblick auf einzelne „radikale“ Vorschläge Koalitionen abzeichnen,<br />

die tragfähig genug sind, um das betreffende Postulat durchzusetzen. Tabelle 8<br />

zeigt nun, dass die „radikalen“ Vorschläge eine weite Streuung üöer die acht Kategorien<br />

aufweisen. Eine gewisse Konzentration von Vorschlägen lässt sich lediglich<br />

in der Kategorie „Regel BV 3“ mit 14 Optionen feststellen. Doch sogleich sei angemerkt,<br />

dass „Regel BV 3“ nicht völlig homogene Vorschläge in sich vereinigt. Zwischen<br />

der Ausscheidung eines Bereichs „konkurrierender Gesetzgebung“ beispielsweise<br />

<strong>und</strong> einer gänzlichen Umkehrung der Kompetenzvermutung kann unter<br />

Umständen je nach konkreter Ausgestaltung ein erheblicher Unterschied hinsichtlich<br />

der politischen Folgen liegen. Zu berücksichtigen ist auch, mit welchen andern<br />

Postulaten eine Option für „Regel BV 3“ kombiniert ist. Der sozialdemokratische<br />

Vorschlag einer Umkehrung der Kompetenzvermutung würde zu gänzlich anderen<br />

Ergebnissen führen als das Darbellay-Modell des Kantons Wallis, welches den<br />

Bereich konkurrierender Gesetzgebung via Ein-Kanton-Referendum mit einer Verlagerung<br />

der eidgenössischen Politik auf die Kantonsparlamente koppelt.<br />

19 Die Zürcher Wochenzeitung „Sonntags-Journal“ brachte die „Alternativen“ in den Monaten März bis Mai<br />

1971 mindestens neunmal an der ersten Stelle ihrer Bestseller-Liste. Die Zuverlässigkeit dieser Bestseller-Liste<br />

wurde allerdings in einer Sendung des Schweizer Fernsehens kritisiert. – Nach Angaben<br />

eines der Autoren wurden bis März 1972 r<strong>und</strong> 4 000 Exemplare der Broschüre verkauft. – Von Februar<br />

bis Juli 1971 figurierten die „Alternativen“ auch auf der Bestseller-Liste des Stadtzürcher Gratisanzeigers<br />

„Züri-Leu“: mindestens neunmal im ersten Rang <strong>und</strong> mindestens fünfmal in nachgeordneten Rängen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!