Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac
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Der Aufruf der Wahlen-Kommission, die Jugend am Revisionsunternehmen zu<br />
beteiligen, wurde in betont restriktiver Weise befolgt. Das Durchnittsalter in 18 Kantonalkommissionen,<br />
von denen die entsprechenden Daten erhältlich waren, betrug<br />
46,1 Jahre <strong>und</strong> lag somit, bezogen auf das Jahr 1968, r<strong>und</strong> sechs Jahre unter jenem<br />
in der Wahlen-Kommission. In diesen Kommissionen wirkten gesamthaft nur<br />
15 Mitglieder von weniger als 30 Jahren. Einzig in der Glarner Kommission lag das<br />
Durchschnittsalter unter 40 Jahren. 28 Bei der Bestellung der kantonalen Kommissionen<br />
scheint das Muster vorgeherrscht zu haben, den Frauen <strong>und</strong> der Jugend je<br />
einen symbolischen Sitz zu reservieren, im übrigen aber das im Kanton dominierende<br />
politische Personal einzusetzen. – Dem Autor standen keine Altersangaben<br />
über die Parteikommissionen zur Verfügung; die Durchsicht der Namenlisten legt<br />
indessen die Vermutung nahe, dass auch die Parteien weitgehend auf ihr übliches<br />
Führungspersonal abstellten, das erfahrungsgemäss ein angehobenes Durchschnittsalter<br />
aufweist. Wahrscheinlich bildete die 84-köpfige CVP-Kommission eine<br />
Ausnahme; nach Schätzung des Autors waren r<strong>und</strong> 14% der Mitglieder weniger als<br />
35 Jahre alt. – Die Freisinnig-demokratische Partei gewährte einer „Arbeitsgruppe<br />
der jungen Generation“ die Möglichkeit, in einem Annex zur offiziellen Parteieingabe<br />
ihren Standpunkt darzulegen. Die Liberal-demokratische Union verfuhr in ähnlicher<br />
Weise (Annex der Jeunesse liberale de Geneve).<br />
Von den Universitäten war am ehesten zu erwarten, dass sie der jungen Generation<br />
eine faire Partizipationschance einräumen würden. Die Wirklichkeit sah jedoch<br />
ziemlich zwiespältig aus. 29 Zwar organisierten die Eidg. Technische Hochschule in<br />
Zürich sowie die Universitäten Zürich, Bern, Freiburg, Basel, St. Gallen <strong>und</strong> Lausanne<br />
Seminare oder Vortragszyklen über das Revisionsproblem, doch nur die<br />
Universitäten Zürich, Basel, St. Gallen <strong>und</strong> Neuenburg gewährten Studenten die<br />
Möglichkeit, unmittelbar auf den Inhalt der Vernehm-lassung einzuwirken. Die Eingaben<br />
von Zürich (Universität), Basel <strong>und</strong> St. Gallen entstanden als Resultat gemeinsamen<br />
Bemühens von Professoren <strong>und</strong> Studenten im Rahmen von Seminaren,<br />
wobei auch die Studenten volles Stimmrecht besassen. In Neuenburg kooptierte<br />
eine sechsköpfige Professorenkommission noch sieben Assistenten <strong>und</strong> Studenten<br />
hinzu, so dass eine paritätische Arbeitsgruppe entstand. In Genf tagte die Verfassungskommission<br />
im ganzen vier St<strong>und</strong>en, wobei neben vier Professoren <strong>und</strong><br />
einem Assistenten noch drei Studenten mitgewirkt haben sollen. – In Bern arbeiteten<br />
das von Professor Bäumlin durchgeführte Seminar <strong>und</strong> die aus lauter Professoren<br />
zusammengesetzte Verfassungskommission strikte getrennt. – Nachdem in<br />
Freiburg die Einsetzung einer Universitätskommission gescheitert war, arbeitete<br />
Professor Oswald die Vernehmlassung der Universität allein aus. Die ETH-Eingabe<br />
drückte nach Dubois <strong>und</strong> Grenon „nur die Meinung eines sehr kleinen Teils der<br />
Professorenschaft“ aus. 30 In Lausanne organisierte die „Union des etudiants en<br />
science politique“ ein eigenes Verfassungsseminar, das jedoch die Stellungnahme<br />
der dortigen Professorenkommission nur sehr marginal beeinflussen konnte. Die<br />
interessanten Arbeitsergebnisse der Lausanner Politologiestudenten wurden von<br />
der Wahlen-Kommission nicht publiziert.<br />
28 Delley, op. cit., S. 6.<br />
29 Die folgenden Angaben über die Arbeitsweise der Universitätskommissionen basieren im wesentlichen<br />
auf der Untersuchung von Dubois/Grenon, op. cit.<br />
30 Dubois/Grenon, op. cit., S. 99.