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Politische Innovation und Verfassungsreform - Badac

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(2) Das fakultative Gesetzesreferendum<br />

Wenn es richtig ist, dass das fakultative Referendum neben der parlamentarischen<br />

eine zweite Repräsentationsebene schuf, nämlich jene des kommissionalistischen<br />

Interessen-Bargainings, so nützt es einer Partei wenig, die Mehrheit im Parlament<br />

zu erringen <strong>und</strong> die Regierung zu stellen. Sie kann ihr Programm nicht verwirklichen,<br />

da sich die Entscheidungszentren ausserhalb von Parlament <strong>und</strong> Regierung<br />

befinden. Eine auf Neuerungen ausgerichtete Regierungsmehrheit könnte, wie<br />

schon erwähnt, von einer konservativen Opposition mittels des Referendums lahmgelegt<br />

werden. – Die Lösung, die Referendumsinstitution gänzlich zu beseitigen,<br />

entfällt angesichts des auf Demokratisierung ausgerichteten Allgemeinzieles. – Um<br />

die beiden Repräsentationsebenen zusammenzubringen, ist es naheliegend, dass<br />

man das Recht, ein Referendum anzuordnen, den privaten Interessengruppen<br />

wegnimmt <strong>und</strong> es den demokratisch legitimierten Volksvertretern einräumt. Wir<br />

schlagen vor, dass die relative Mehrheit des Nationalrates über Gesetze, Erlasse,<br />

Staatsverträge <strong>und</strong> auch Gr<strong>und</strong>satzentscheide, welche den weiteren Verlauf von<br />

Gesetzgebungsarbeiten determinieren, eine Volksabstimmung anordnen kann. 7 Die<br />

Möglichkeit, dass eine Parlamentsminderheit das Referendum beschliessen kann,<br />

muss selbstverständlich entfallen. Hat die Opposition das Recht, Mehrheitsbeschlüsse<br />

einem plebiszitären Nachentscheid zu unterwerfen, so ist der dem bisherigen<br />

Referendum innewohnende Konkordanzzwang nicht beseitigt. – Die vorgeschlagene<br />

Lösung hat übrigens noch den Vorteil, dass sie eine gleiche Ausgestaltung<br />

von Gesetzes- <strong>und</strong> Staatsvertragsreferendum bietet. Die unterschiedliche<br />

Behandlung der beiden Rechtsquellen wurde bisher damit begründet, dass die<br />

Schweiz ihre aussenpolitische Handlungsfreiheit nicht durch allzu radikale direktdemokratische<br />

Einrichtungen gefährden dürfe. In einer modernen Industriegesellschaft<br />

ist das Argument jedoch ebenso gültig für den innenpolitischen Handlungsspielraum<br />

des Staates. Der Entwurf des B<strong>und</strong>esrates für eine Neugestaltung des<br />

Staatsvertragsreferendums, der im Frühling 1973 in die Vernehmlassung gelangte,<br />

geht in der Richtung unserer Referendumslösung: Nur dann sollen 30 000 Bürger<br />

einen plebiszitären Nachentscheid über Staatsverträge verlangen können, wenn die<br />

absolute Mehrheit in jedem der beiden Räte dies bewilligt; das obligatorische Referendum<br />

bliebe allerdings vorbehalten beim Beitritt der Schweiz zu „Organisationen<br />

für kollektive Sicherheit“ oder zu „supranationalen Organisationen“. Auch der neuesten<br />

Staatspraxis ist der Gedanke, dass das Parlament Volksabstimmungen anordnet,<br />

nicht mehr unbekannt. Die Abstimmung über den Freihandelsvertrag mit der<br />

Europäischen Gemeinschaft vom 3. Dezember 1972 erfolgte entgegen dem Wortlaut<br />

der Verfassung auf Anordnung der eidgenössischen Räte.<br />

(3) Das Kantonsreferendum<br />

Die Ausgestaltung des Gesetzesreferendums gemäss unserem Vorschlag könnte<br />

eine Verfassungsbestimmung beleben, die bisher bedeutungslos war. Es handelt<br />

sich um die Vorschrift, dass auf Verlangen von acht Kantonen ein Gesetz in die<br />

Volksabstimmung gelangt. Eine Opposition, die in acht Kantonen die Mehrheit besitzt,<br />

könnte sich dieses Instrumentariums zur Herstellung von Konkordanz-

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