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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

➔<br />

3.3.5 Priming<br />

Im Kontext der Stimulationsthese, speziell der Bedeutung aggressionsauslösender<br />

Hinweisreize (vgl. Kapitel 2.2), haben in der Forschung in letzter Zeit v. a. Priming­<br />

Ansätze 125 weitere Aufmerksamkeit gef<strong>und</strong>en. Das Konzept des „Primings“, 126 das u. a.<br />

auf der „Cognitive Neoassociation Theory“ von Leonard Berkowitz (vgl. z. B. Berkowitz<br />

1984; Jo/Berkowitz 1994) aufbaut, besagt vereinfacht, dass semantisch miteinander<br />

verb<strong>und</strong>ene Kognitionen, Gefühle <strong>und</strong> Verhaltenstendenzen im Gehirn durch assozia­<br />

tive Pfade bzw. neuronale Netze miteinander in Beziehung stehen. Wird nun durch<br />

einen Stimulus (z. B. gewalttätige <strong>Medien</strong>inhalte) ein Knoten innerhalb dieses Gefüges<br />

angeregt (Priming), dann kommt es zu einem Ausstrahlungseffekt, durch den mit dem<br />

angeregten Knoten in Beziehung stehende Gedanken, Gefühle <strong>und</strong> Verhaltenstenden­<br />

zen ebenfalls angeregt werden. Dieser als automatisch, d. h. als spontan <strong>und</strong> unabsicht­<br />

lich verstandene Prozess beeinflusst die Interpretation neuer Stimuli <strong>und</strong> erhöht kurz­<br />

fristig die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens. Für möglich wird es aber auch<br />

gehalten, dass bestimmte Konstrukte durch wiederholte Anregung schließlich „chro­<br />

nisch“ aktiviert bzw. zugänglich werden, so dass es auch zu langfristigen Effekten<br />

kommen kann (vgl. dazu den ausführlichen Überblick von Todorov/Bargh 2002).<br />

Zwei Experimente von Brad J. Bushman (1998b) haben sich mit kurzfristigen Priming-<br />

Effekten befaßt. Im ersten Experiment ließ Bushman 200 Studierende (100 männlich,<br />

100 weiblich) einen gewalthaltigen („Karate Kid III“) oder einen nicht gewalthaltigen,<br />

aber gleich aufregenden Film („Gorillas im Nebel“) sehen. Im Anschluss daran wurde<br />

ein Wortassoziationstest durchgeführt, bei dem die Probanden neben nicht aggressi­<br />

ven Kontrollworten Homonyme vorgelegt bekamen, die sowohl eine aggressive als<br />

auch eine nicht aggressive Bedeutung haben können (z. B. „box“). Diejenigen, die den<br />

violenten Film gesehen hatten, assoziierten die Homonyme häufiger mit einer aggres­<br />

siven Bedeutung als die Seher des nicht violenten Films.<br />

In einem zweiten Experiment mit 300 Studierenden (150 männlich, 150 weiblich) beka­<br />

men die Versuchspersonen nach dem Ansehen eines violenten bzw. nicht violenten<br />

Films auf einem Computermonitor verschiedene Buchstabenfolgen vorgeführt. Dabei<br />

handelte es sich um jeweils 24 Worte mit aggressiver bzw. nicht aggressiver Bedeutung<br />

<strong>und</strong> um 48 sinnlose, aber leicht auszusprechende Buchstabenkombinationen, deren<br />

Länge denen der tatsächlich existierenden Worte entsprach. Die Probanden wurden<br />

aufgefordert, möglichst schnell eine bestimmte Taste zu drücken, je nachdem, ob es<br />

sich um ein richtiges oder um ein erf<strong>und</strong>enes Wort handelte. Die Versuchspersonen,<br />

die den gewalthaltigen Film gesehen hatten, reagierten schneller auf aggressive Wor­<br />

te als diejenigen, die den nicht violenten Film gesehen hatten. Für die nicht aggress­<br />

iven Worte gab es keinen signifikanten Einfluss. Diese Bef<strong>und</strong>e interpretiert Bushman<br />

als Effekt einer Aktivierung aggressiver Konstrukte durch den Filmkonsum.<br />

125 Zu einem aktuellen Überblick über das Konzept des „Priming“ generell vgl. z. B. Peter 2002.<br />

126 Mit Domke, Shah <strong>und</strong> Wackman (1998, S. 51) kann Priming beschrieben werden als „the process by which<br />

activated mental constructs can influence how individuals evaluate other concepts and ideas“. ➔<br />

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