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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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Die Verfasser untersuchten auch Auswirkungen der langfristigen Berichterstattung<br />
über fremdenfeindliche Straftaten auf den Journalismus <strong>und</strong> konnten einen von ihnen<br />
als „Resonanzeffekt“ bezeichneten „Nachahmungseffekt“ nachweisen. Wie am Fall des<br />
Jungen Joseph aus Sebnitz 116 demonstriert wird, zeigen auch Journalisten „Herdenver<br />
halten“. Esser, Scheufele <strong>und</strong> Brosius (2002, S. 135) schreiben: „Nachdem die BILD-Zei<br />
tung am 23. November 2000 in großer Aufmachung über den angeblich rechtsextre<br />
mistisch motivierten Mord an dem kleinen Joseph aus Sebnitz berichtet hatte, spran<br />
gen viele <strong>Medien</strong> auf diese Meldung wie Trittbrettfahrer auf <strong>und</strong> schrieben sie nach.<br />
Damit konnten sich die Anschuldigungen eines einzelnen Meinungsführermediums<br />
kurzzeitig zur Kampagne auswachsen, weil sich viele Mainstream-<strong>Medien</strong> von einem<br />
Sog erfassen ließen <strong>und</strong> die Geschichte von dem toten Jungen ,in dieser schrecklichen<br />
Stadt‘ auch haben wollten.“ Offensichtlich orientierten sich Journalisten hier an<br />
„Frames“ 117 (d. h. länger etablierten Interpretationsrahmen, wie sie die fremdenfeindli<br />
chen Anschläge in den 90er Jahren entwickelt <strong>und</strong> der Düsseldorfer Anschlag aktuali<br />
siert hatten), Nachrichtenwerten (Negativismus, Authentizität, Personalisierung) <strong>und</strong><br />
der Berichterstattung der Meinungsführermedien.<br />
In einer weiteren Studie stand die Vermutung im Mittelpunkt, dass fremdenfeindliche<br />
<strong>Gewalt</strong> nicht nur die Folge der Berichterstattung über die Problematik der Zuwande<br />
rung oder fremdenfeindliche Straftaten sein muss, sondern auch auf die Art <strong>und</strong> Weise<br />
der Berichterstattung über Ausländer zurückzuführen sein kann. Dies untersuchten<br />
die Forscher am Beispiel der Berichterstattung über Anschläge <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong>aktionen<br />
kurdischer Aktivisten, die v. a. seit dem Frühjahr 1994 stattfanden. Die Verfasser ent<br />
warfen ein „Kurdenmodell“ (vgl. Esser/Scheufele/Brosius 2002, S. 161–164; 331f.; Scheufe<br />
le/Brosius 2002, S. 117). Dieses Modell unterstellt „eine Wechselwirkung zwischen (1) dem<br />
,objektiven‘ Problem der PKK-<strong>Gewalt</strong>, (2) der wahrgenommenen Bedrohung durch<br />
Kurden im öffentlichen Bewusstsein <strong>und</strong> politischen Diskurs, (3) die Berichterstattung<br />
der Massenmedien, (4) der <strong>Gewalt</strong>bereitschaft fremdenfeindlich motivierter Perso<br />
nen.“ (Esser/Scheufele/Brosius 2002, S. 331). Eine Inhaltsanalyse der „Frankfurter Allge<br />
meinen Zeitung“ <strong>und</strong> der „Süddeutschen Zeitung“ von August 1993 bis Dezember 1996<br />
ergab, dass die <strong>Medien</strong>, wenn sie Kurden im Zusammenhang mit „<strong>Gewalt</strong>“ <strong>und</strong> „Extre<br />
mismus“ präsentierten, einen Ansteckungseffekt im Sinne einer Erhöhung frem<br />
denfeindlicher <strong>Gewalt</strong>taten auslösten. Dies geschah allerdings erst nach einer vier<br />
wöchigen Latenzzeit. Dies erklären die Forscher (Esser/Scheufele/Brosius 2002, S. 332)<br />
damit, „dass die Kurdenberichterstattung erst nach gewisser Zeit ein Klima erzeugte,<br />
das bei fremdenfeindlich motivierten Personen die Schwelle von der bloßen Hand<br />
lungsbereitschaft zur manifesten <strong>Gewalt</strong>aktion überschreiten ließ.“ Die Autoren be<br />
zeichnen diesen Vorgang als „zeitverzögerte Klimaeffekte“.<br />
116 Vgl. dazu z. B. Esser/Scheufele/Brosius 2002, S. 135ff. Wolfgang Donsbach (2001, S. 27) schreibt: „Der Tod des<br />
kleinen Joseph in einem Schwimmbad im sächsischen Sebnitz wandelte sich innerhalb weniger Tage von<br />
einem politischen zu einem medienpolitischen Thema. Aus dem Verdacht kollektiven Mordes wurde<br />
plötzlich ein Fall von mutmaßlicher Täuschung der Justiz <strong>und</strong> der Presse.“<br />
117 Zum Konzept des „Framing“ vgl. Kunczik/Zipfel 2001, S. 271–276. ➔<br />
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