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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Computerspielen<br />

➔<br />

violenten Computerspielen auf einen Erregungstransfer (vgl. Kapitel 2.2, 3.2.6) oder auf<br />

Habitualisierungsmechanismen zurückzuführen sind. Nach einer Erhebung physiologi­<br />

scher Basiswerte spielten die Probanden ein gewalthaltiges oder ein nich gewalthaltiges<br />

Spiel bzw. lasen einen Zeitungsartikel über neue Internettechnologien (Kontrollgrup­<br />

pe). Im Anschluss daran sahen die Versuchspersonen ein achtminütiges gewalthaltiges<br />

Video. Während des Spiels <strong>und</strong> während des Videos wurden physiologische Daten<br />

erhoben, <strong>und</strong> im Anschluss an den Film füllten die Probanden einen Fragebogen zum<br />

Video aus. Mittels einer Adjektivliste wurde ihre aktuelle Aggressivität gemessen.<br />

Die Versuchspersonen, die das gewalthaltige Spiel gespielt hatten, wiesen stärkere<br />

physiologische Reaktionen (d. h. eine stärkere Erregung) auf <strong>und</strong> schätzten das Video als<br />

gewalthaltiger ein als die anderen Probanden. Die männlichen Versuchspersonen<br />

dieser Gruppe forderten zudem eine längere Gefängnisstrafe für den violenten Protago­<br />

nisten <strong>und</strong> berichteten aggressivere Gefühle. Die Forscher interpretieren ihre Bef<strong>und</strong>e<br />

im Sinne eines Erregungstransfers. Allerdings ist an der Anlage der Untersuchung Kritik<br />

angebracht. So ist es wahrscheinlich, dass sich das violente <strong>und</strong> das nicht violente Spiel<br />

(das nicht genauer beschrieben wird) abgesehen vom <strong>Gewalt</strong>gehalt auch in ihrem<br />

Erregungspotenzial unterschieden. Darüber hinaus ist bei der gewählten, auf die Mes­<br />

sung kurzfristiger Effekte zugeschnittenen Versuchsanlage nicht wirklich mit einem<br />

(eher langfristig wirksamen) Habitualisierungseffekt zu rechnen. Die Forscher selbst<br />

räumen ein, dass zehn Minuten Spielzeit zu kurz sein könnten, um solche Wirkungen<br />

nachzuweisen. Auch bei längerer Spielzeit ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sich<br />

durch einmaliges Spielen eines violenten Spiels bereits Desensibilisierungseffekte ein­<br />

stellen. Über langfristige Effekte konnten die Forscher jedoch keine Aussagen treffen,<br />

da sie frühere Erfahrung der Probanden mit violenten Computerspielen nicht berück­<br />

sichtigten.<br />

Mit physiologischen Messungen zum Nachweis eines Desensibilisierungseffekts ope­<br />

rierten auch Carnagey, Bushman <strong>und</strong> Anderson (im Druck, hier referiert nach Carna­<br />

gey/ Anderson 2004). Diese stellten bei Probanden, die 20 Minuten lang ein violentes<br />

Computerspiel gespielt hatten, beim Betrachten von realen <strong>Gewalt</strong>szenen eine gerin­<br />

gere Herzfrequenz fest als bei Probanden, die ein nicht violentes Spiel gespielt hatten.<br />

Auch diese Untersuchung wirft die Frage auf, inwieweit es überhaupt möglich ist, so<br />

kurzfristige Abstumpfungseffekte festzustellen, bzw. ob bei dem gemessenen Phäno­<br />

men überhaupt von Abstumpfung gesprochen werden kann.<br />

Dass die Interpretation der entsprechenden physiologischen Werte offensichtlich<br />

noch keineswegs einheitlich <strong>und</strong> eindeutig ist, 266 zeigt auch die noch genauer zu<br />

beschreibende Untersuchung von Rita Steckel (1998), die neben diversen anderen<br />

Kennwerten auch auf physiologischer Ebene erhob, wie Kinder nach gewalthaltigen<br />

oder nichtgewalthaltigen Spielen auf emotional belastende Bilder reagieren. Steckel<br />

fand bei den Kindern, die das nicht violente Spiel gespielt hatten, im Vergleich zu<br />

266 Vgl. dazu auch Kapitel 3.3.2. ➔<br />

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