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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
➔<br />
Ergebnis der Studie war, dass Kinder <strong>Gewalt</strong> weniger nach deren Merkmalen beschrei<br />
ben als nach dem Grad ihrer emotionalen Wahrnehmung, d. h. wie stark sie sich davon<br />
geängstigt fühlen. Daher wurden auch solche Darstellungen als besonders gewalthal<br />
tig beschrieben, die Bezüge zu eigenen Ängsten der Kinder aufwiesen. Nicht alles, was<br />
Kindern Angst machte, wurde von ihnen auch als violent betrachtet, aber häufig wur<br />
de <strong>Gewalt</strong> als furchteinflößend wahrgenommen.<br />
Die Bef<strong>und</strong>e von Hargrave wurden von Morrison (2003a; 2003b) mit seinen Ergebnis<br />
sen zur <strong>Gewalt</strong>wahrnehmung Erwachsener verglichen <strong>und</strong> in den im Rahmen seiner<br />
Studie entwickelten theoretischen Bezugsrahmen integriert. Morrison (2003a) unter<br />
scheidet verschiedene von den Rezipienten gebrauchte Bestimmungsfaktoren („defi<br />
ners“) von <strong>Gewalt</strong>:<br />
Bestimmungsfaktoren erster Ordnung („primary definers“) entscheiden darüber, ob<br />
eine Darstellung als gewalttätig identifiziert wird oder nicht. Als gewalttätig wird sie<br />
eingestuft, wenn generell akzeptierte Normen gebrochen werden, d. h. wenn eine<br />
Handlung als ungerechtfertigt bzw. unfair erscheint.<br />
Bestimmungsfaktoren zweiter Ordnung („secondary definers“) bestimmen, als wie ge<br />
walttätig eine Handlung angesehen wird. Diese Faktoren beziehen sich stärker auf den<br />
Präsentationsstil, wie z. B. Nahaufnahmen, Kamerawinkel, Zeitlupen, So<strong>und</strong>effekte<br />
usw. sowie Kontextfaktoren wie die gebrauchten Waffen oder die gezeigten Konse<br />
quenzen des <strong>Gewalt</strong>aktes (Verletzungen usw.).<br />
Morrison (2000, S. 451) folgert: „[...] the agreement as to whether or not something is<br />
violent is drawn from definitions of what constitutes violence in real life. However, how<br />
the actual level of violence is defined comes not from real life, but from learning how to<br />
define violence from watching violence on the screen.“<br />
Für die Kinder in Hargraves Studie gilt nach Morrison, dass die primären Bestimmungs<br />
faktoren von ihnen zur Beurteilung herangezogen wurden. Auch die sek<strong>und</strong>ären<br />
Bestimmungsfaktoren kamen bei ihnen zur Anwendung, sie wurden allerdings von<br />
einer dritten Gruppe von Bestimmungsfaktoren dominiert. Diese Bestimmungsfakto<br />
ren dritter Ordnung („tertiary definers“) beziehen sich auf die Kinder selbst <strong>und</strong> ihre<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Ängste bzw. die Einschätzung der (potentiellen) eigenen Betroffen<br />
heit durch das Gesehene. Morrison (2003a, S. 76) folgert: „Hence, acts that an adult<br />
might analytically categorise as violence were not necessarily categorised so by chil<br />
dren. Blood, pain and gore might be taken as violent, but unless combined to offer<br />
threat to the child were not readily labelled as violence. Scenes that did not contain<br />
violent acts, yet appeared threatening, were labelled violence.“<br />
Fraglich ist allerdings, ob sich aus diesen Bef<strong>und</strong>en Folgerungen für eine unterschiedli<br />
che Wirkung von <strong>Gewalt</strong> auf Kinder <strong>und</strong> Erwachsene ableiten lassen. Die Forschungs<br />
ergebnisse zum Einfluss des Alters auf die Wirkung von <strong>Gewalt</strong> sind insgesamt wenig<br />
konsistent. Die Schwierigkeit, zu eindeutigen Ergebnissen zu kommen, hängt auch<br />
damit zusammen, dass Studien mit verschiedenen Altersgruppen schon aufgr<strong>und</strong> der<br />
unterschiedlichen, altersadäquat gewählten abhängigen Variablen nicht direkt miteinander<br />
zu vergleichen sind. Insgesamt deuten die Bef<strong>und</strong>e auf stärkere Auswirkungen ➔<br />
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