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Medien und Gewalt.

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Übersicht Gr<strong>und</strong>lagen<br />

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Inhibitionsthese <strong>und</strong> Umkehrthese<br />

Eine alternative Erklärungsmöglichkeit für das Nicht-Auftreten von Aggressivität stellt<br />

die Inhibitionsthese dar. Die Vertreter dieser These nehmen an, dass die Betrachtung<br />

von medialer <strong>Gewalt</strong> – insbesondere bei nachdrücklicher Präsentation negativer Konse­<br />

quenzen – einen abschreckenden <strong>und</strong> hemmenden Effekt hat. Beim Zuschauer werde<br />

Aggressionsangst ausgelöst, die die Bereitschaft zum eigenen aggressiven Handeln<br />

mindere. Das Phänomen, dass in den <strong>Medien</strong> beobachtete <strong>Gewalt</strong>handlungen ein<br />

gerade entgegengesetztes Verhalten auslösen können, wird neuerdings als „Umkehr­<br />

these“ bezeichnet. Hierfür wird auch der Begriff des „Bumerangeffekts“ oder des „Reak­<br />

tanzeffekts“ (vgl. Selg 1998, S. 49 <strong>und</strong> Selg in: „Filmhelden als <strong>Gewalt</strong>modell“ 1998,<br />

S. 38f.) gebraucht. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass <strong>Gewalt</strong> nicht nachgeahmt<br />

wird, sondern vielmehr zu ausgeprägterem prosozialen Verhalten führen kann. Ekke­<br />

hard F. Kleiter (1997), dessen Bef<strong>und</strong>e dieser These im Wesentlichen zugr<strong>und</strong>e liegen,<br />

konnte einen Reaktanzeffekt allerdings in nennenswertem Ausmaß nur bei Mädchen<br />

feststellen.<br />

Einen Anti-<strong>Gewalt</strong>-Effekt konstatierte auch Jürgen Grimm (1999). In seiner umfassen­<br />

den Untersuchung zur Wahrnehmung <strong>und</strong> Bewertung filmischer <strong>Gewalt</strong> konnten<br />

Wirkungen im Sinne eines „negativen Lernens“ nachgewiesen werden, d. h. die Vio­<br />

lenz der Probanden nahm eher ab als zu. Allerdings konnte sich auch dieser Umkehref­<br />

fekt erneut umkehren – ein Phänomen, das Grimm als „Robespierre-Affekt“ bezeichnet.<br />

Dabei wandelt sich ein zunächst gewaltkritischer Impuls in eine Aggression dem Täter<br />

gegenüber (vgl. Kapitel 3.3.8, 3.3.9, 3.4.2.4).<br />

Habitualisierungsthese<br />

Die Habitualisierungsthese betrachtet Auswirkungen von <strong>Medien</strong>gewalt unter dem<br />

Gesichtspunkt langfristiger, kumulativer Effekte. Ihre Vertreter nehmen an, dass der<br />

wiederholte Konsum von <strong>Medien</strong>gewalt eine Abstumpfung <strong>und</strong> Desensibilisierung zur<br />

Folge habe. Diese könne neben dem Bedürfnis nach immer stärkeren <strong>Gewalt</strong>reizen<br />

dazu führen, dass die Empathiefähigkeit, d. h. v. a. das Mitgefühl mit den Opfern von<br />

<strong>Gewalt</strong>, abnehme, <strong>Gewalt</strong> als normales Alltagsverhalten <strong>und</strong> als geeignetes Konfliktlö­<br />

sungsinstrument betrachtet werde, d. h. die Toleranz für <strong>Gewalt</strong> steige <strong>und</strong> die Hemm­<br />

schwelle zur eigenen <strong>Gewalt</strong>ausübung sinke. Eine zentrale Problematik der Forschung<br />

zur Habitualisierungsthese besteht darin, dass die wiederholte Betrachtung von Fern­<br />

sehgewalt in verschiedenen Studien sehr unterschiedlich operationalisiert wurde. Die<br />

vorliegenden Bef<strong>und</strong>e müssen daher als bruchstückhaft <strong>und</strong> widersprüchlich bezeich­<br />

net werden.<br />

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