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Medien und Gewalt.

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Übersicht Einleitung<br />

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Die Bevölkerung hat aber, so die „Allensbacher Berichte“ (Nr. 12, 2002), dieses Problem<br />

nicht erst nach dem Amoklauf von Erfurt entdeckt, „sondern hält die allgegenwärtige<br />

<strong>Gewalt</strong> in den <strong>Medien</strong> schon sehr lange für hochgradig bedenklich <strong>und</strong> gefährlich“. So<br />

forderten in einer fast ein Jahrzehnt früher durchgeführten Umfrage 72 % der Bevöl­<br />

kerung ein Verbot bzw. eine Einschränkung von <strong>Medien</strong>gewalt. In der Umfrage 2002<br />

zweifelte kaum einer der Befragten daran, dass die <strong>Medien</strong> für <strong>Gewalt</strong>taten in hohem<br />

Maße Mitverantwortung tragen. 78 % der Bevölkerung waren dieser Ansicht; lediglich<br />

15 % meinten, dass dies nicht zutreffe.<br />

Interessant ist in diesem Zusammenhang das in verschiedenen Studien festgestellte<br />

<strong>und</strong> von der Forschung als „Third-Person-Effect“ („Andere-Leute-Effekt“) bezeichnete<br />

Phänomen, dass sich die Überzeugung von der Gefährlichkeit der <strong>Medien</strong> nicht auf die<br />

eigene Person bezieht, sondern es lediglich „die anderen“ sind, die als höchst gefährdet<br />

betrachtet werden. 1<br />

Dass simplifizierende Vorstellungen von der Wirkung der <strong>Medien</strong> so weit verbreitet<br />

sind, lässt sich nicht zuletzt mit der Tatsache erklären, dass jeder täglich Umgang mit<br />

den <strong>Medien</strong> hat <strong>und</strong> daher über eine eigene Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage zu verfügen<br />

meint. Auf diese Weise können populärwissenschaftliche Wirkungsvorstellungen<br />

entstehen, zu deren Etablierung die Massenmedien selbst beitragen. Die <strong>Medien</strong>wir­<br />

kungsforschung ist ein gutes Beispiel für die Anwendung einer so genannten „Do It<br />

Yourself Social Science“ (DYSS) (Heller 1986), bei der als Faustregel gilt: Je einfacher eine<br />

These aussieht, desto attraktiver <strong>und</strong> erfolgreicher ist sie für den Laien.<br />

Fest gefügte Überzeugungen, die auf einer solchen Basis beruhen, sind ein ausgespro­<br />

chen großes Hindernis für die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Entspre­<br />

chen die Resultate einer Studie den Erwartungen, dann wird dies als Beweis dafür ge­<br />

wertet, dass man ohnehin schon alles weiß <strong>und</strong> die Forschung nichts Neues zu bieten<br />

habe. Sind die Resultate einer Studie mit diesen Vorstellungen nicht kompatibel, dann<br />

werden sie häufig zunächst ignoriert.<br />

An der mangelhaften Kenntnis <strong>und</strong> Akzeptanz ihrer Bef<strong>und</strong>e ist die Wissenschaft aller­<br />

dings nicht unschuldig. Der von Peter Glotz (1991, S. 22) Anfang der 90er Jahre gegen<br />

die Kommunikationswissenschaft erhobene Vorwurf, sie sei im Umgang mit der<br />

Öffentlichkeit häufig unfähig, besitzt noch immer einige Berechtigung. Glotz kritisier­<br />

te, die Forschung gebe sich versonnen Detailstudien hin <strong>und</strong> überlasse derweil das Feld<br />

der öffentlichen Meinung Autoren wie Neil Postman <strong>und</strong> Marie Winn, deren Bücher<br />

(z. B. „Das Verschwinden der Kindheit“ oder „Wir amüsieren uns zu Tode“ von Postman<br />

1 W. Phillips Davison schreibt (1983, S. 3) in seinem „klassischen“ Beitrag zum „Third-Person-Effect“: „In the<br />

view of those trying to evaluate the effects of communication, its greatest impact will not be on ,me‘ or<br />

,you‘ but on ,them‘ – the third-persons.“ Zum „Third-Person-Effect“ in Bezug auf die Wirkung der <strong>Medien</strong><br />

bzw. speziell von <strong>Medien</strong>gewalt vgl. z. B. Eveland/McLeod 1999; Götz/Ensinger 2002, S. 33f.; Hoffner u. a.<br />

1999; 2001; McLeod/Detenber/Eveland 2001; Peiser/Peter 2000; Petley 2002, S. 183; Salwen/Dupagne 1999;<br />

Theunert/Schorb 2001, S. 295. ➔<br />

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