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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
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Pressestellen von Polizei <strong>und</strong> Justizorganisationen sind eine zentrale<br />
Quelle <strong>und</strong> ein wichtiger „Gatekeeper“ für Kriminalitätsberichte der<br />
<strong>Medien</strong>.<br />
Zu diesem Bef<strong>und</strong> kam insbesondere Baumann (2000, S. 73–89, 98–100), der feststellte,<br />
dass die Kriminalitätsberichterstattung zwar in erster Linie auf Meldungen von Nach<br />
richtenagenturen beruhte, ausschließlich auf Polizeipressemeldungen basierende<br />
Eigenberichte aber am zweithäufigsten vorkamen. Bei einem Vergleich von Polizei<br />
pressemeldungen <strong>und</strong> Pressespiegeln der Polizeidirektion Freiburg <strong>und</strong> der Berichter<br />
stattung der wichtigsten drei regionalen Zeitungen im Verteiler dieser Pressestelle<br />
während einer Woche im November 1992 konstatierte Baumann kaum nennenswerte<br />
Unterschiede, d. h. keine journalistische Eigenleistung. Baumann (2000, S. 174) resü<br />
miert, dass die <strong>Medien</strong> „weit gehend das über die Polizeipressestellen transportierte<br />
Bild von Kriminalität“ übernehmen. Die konstatierte Realitätsverzerrung in der Be<br />
richterstattung findet folglich schon bei der Selektion innerhalb der Polizeipressestel<br />
len statt.<br />
Reubands (2000) Befragung von Journalisten bei Dresdner Zeitungen ergab, dass die<br />
Polizei für Journalisten als Informationsquelle bei Kriminalitätsberichten an erster<br />
Stelle steht. Die Befragten schätzten, dass zwischen 60 % <strong>und</strong> 90 % der Kriminalitätsmel<br />
dungen von dort stammten.<br />
Romy Fröhlich (1998, S. 383) konstatierte in ihrer Inhaltsanalyse der Kriminalitätsbe<br />
richterstattung dreier Hannoveraner Tageszeitungen, dass Journalisten selbst in der<br />
Sek<strong>und</strong>ärberichterstattung (d. h. in allgemeinen Artikeln über Kriminalität, die sich<br />
nicht mit einer konkreten Tat befassen) zu 60 % derartige institutionalisierte Quellen<br />
(Pressestellen der Polizei, Pressemitteilungen der Gerichte usw.) heranziehen. Eine Be<br />
fragung von Journalisten (Fröhlich 1998, S. 390) ergab, dass <strong>Medien</strong>vertreter für Defizi<br />
te <strong>und</strong> Verzerrungen der Berichterstattung v. a. die Pressestellen der Polizei verant<br />
wortlich machten, an deren Vorselektion man sich halte. Diese Vorselektion – so erga<br />
ben Interviews mit Pressestellenmitarbeitern – orientierte sich neben den vermuteten<br />
journalistischen Interessen auch am Gesichtspunkt polizeilicher Imagepflege, d. h. der<br />
positiven Hervorhebung der Verbrechensbekämpfung <strong>und</strong> dem Interesse daran, ei<br />
gene Auffassungen über Ursachen von Kriminalität <strong>und</strong> deren Bekämpfung zu verbrei<br />
ten. Fröhlich (1998, S. 392) sieht durch ihre Bef<strong>und</strong>e die Annahme bestätigt, „dass die<br />
lokale <strong>Gewalt</strong>- <strong>und</strong> Kriminalitätsberichterstattung in einem ganz besonderen Maße<br />
von institutionalisierter Informationszulieferung abhängig ist. Dabei werden vor<br />
allem Struktur <strong>und</strong> Umfang dieser Berichterstattung durch die Arbeit institutionalisier<br />
ter Quellen, von deren Informationspolitik etwa, determiniert. Der Spielraum, den die<br />
Presse hier noch hat, ist denkbar gering. Möglicherweise ist er geringer als bei allen<br />
anderen Gegenstandsbereichen.“ Hinsichtlich der Art <strong>und</strong> Weise der Berichterstat<br />
tung jedoch herrsche ein großer Spielraum.<br />
Die Kriminalitätsberichterstattung der Presse ist stark täterorientiert.<br />
Nach den Ergebnissen von Scharf, Mühlenfeld <strong>und</strong> Stockmann (1999, S. 357f.) behan<br />
delten 35 % der Berichte über Kriminalität ausschließlich die Täter (ausschließlich die<br />
Opfer: 3 %; weder Täter noch Opfer: 36 %). Die Verfasser betrachten dieses Resultat als<br />
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