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Medien und Gewalt.

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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

➔<br />

3.3.6 Skript-Theorie<br />

In einem engen Zusammenhang mit dem Priming-Ansatz steht auch die Skript-Theo­<br />

rie, wie sie von L. Rowell Huesmann schon früher (1986, 1988) entwickelt, in jüngerer<br />

Zeit (1998; vgl. auch Bushman/Huesmann 2001, S. 236) aber erneut aufgegriffen wurde.<br />

Dabei handelt es sich um ein Modell der Informationsverarbeitung, das Elemente der<br />

Lerntheorie (vgl. Kapitel 2.2) <strong>und</strong> des Priming-Ansatzes (vgl. Kapitel 3.3.5) vereint.<br />

Skripts werden als mentale Routinen oder „Programme“ verstanden, die im Gedächt­<br />

nis gespeichert sind <strong>und</strong> automatisch herangezogen werden, um das Verhalten zu<br />

steuern <strong>und</strong> Probleme zu lösen. Skripts enthalten Informationen über typische Ereig­<br />

nisabläufe (z. B. beim Arztbesuch), Verhaltensweisen von Personen <strong>und</strong> Ergebnisse von<br />

Handlungen. 131 Huesmann nimmt nun an, dass Kinder, die viel <strong>Gewalt</strong> ausgesetzt sind<br />

(in der Realität oder durch die <strong>Medien</strong>) Skripts entwickeln, die aggressives Verhalten<br />

als Problemlösungsstrategie vorsehen. 132 Skripts, die durch Erinnerung, Phantasietä­<br />

tigkeit oder Nachspielen häufiger nachvollzogen werden, sind im Gedächtnis besser<br />

zugänglich. Mit einer bestimmten Situation verb<strong>und</strong>ene Schlüsselreize sind in der<br />

Lage, solche gespeicherten Skripts zu aktivieren. Ob bzw. wie schnell Skripts aufgefun­<br />

den werden, hängt zudem von den kurz zuvor rezipierten Stimuli ab, die auf dem Weg<br />

des Primings mit ihnen verb<strong>und</strong>ene kognitive Strukturen im Gedächtnis aktivieren<br />

<strong>und</strong> damit leichter zugänglich machen können. <strong>Medien</strong>inhalte können nach dieser<br />

Vorstellung dazu beitragen, solche Skripts zu entwickeln <strong>und</strong> bereits bestehende zu<br />

aktivieren. Ob das in den Skripts nahe gelegte Verhalten tatsächlich ausgeführt wird,<br />

hängt allerdings davon ab, als wie angemessen <strong>und</strong> erfolgversprechend es jeweils<br />

angesehen wird, bzw. inwieweit es den normativen Überzeugungen einer Person<br />

entspricht. 133<br />

Huesmann (1998) hat sein eigenes, früheres, auf Skripts, Überzeugungen <strong>und</strong> Beobach­<br />

tungslernen konzentriertes Modell <strong>und</strong> ein parallel dazu von David Dodge (vgl. z. B.<br />

Crick/Dodge 1994) entwickeltes, stärker auf Wahrnehmungen <strong>und</strong> Eigenschaftszu­<br />

schreibungen fokussiertes Modell der Informationsverarbeitung in ein neues Modell,<br />

die „Unified Information Processing Theory of Aggression“, integriert. Huesmann (1998,<br />

S. 95f.) schreibt: „The model is based on the presumption that predisposing personal<br />

131 Huesmann (1998, S. 80) definiert: „A script serves as a guide for behavior by laying out the sequence of<br />

events that one believes are likely to happen and the behaviors that one believes are possible or appropriate<br />

for a particular situation.“<br />

132 Beim Erwerb von Skripts beeinflussen der gegenwärtige emotionale Zustand <strong>und</strong> aktuelle Gedächtnisinhalte,<br />

welche bestehenden kognitiven Strukturen aktiviert werden. Diese wiederum beeinflussen, wie gut<br />

ein Skript encodiert <strong>und</strong> in die bestehenden Gedächtnisstrukturen integriert wird. So dürften erregte <strong>und</strong><br />

wütende Personen von ihnen beobachtetes aggressives Verhalten als angemessener beurteilen, als sie es<br />

unter anderen Umständen tun würden. Personen, die sich an viele violente Akte erinnern, oder solche, die<br />

<strong>Gewalt</strong> generell akzeptieren, werden die Beobachtung eines weiteren aggressiven Aktes eher als verhaltensrelevantes<br />

Skript abspeichern als solche, denen viele gewaltfreie Problemlösungen gegenwärtig sind<br />

oder die gewaltfreie normative Überzeugungen hegen. Ob ein Skript behalten wird, hängt vom Grad der<br />

dadurch bewirkten, erwünschten Konsequenzen ab (vgl. Huesmann 1998, S. 94f.).<br />

133 Huesmann (1998, S. 91) schreibt: „Normative beliefs are cognitions about the appropriateness of aggressive<br />

behavior. They are related to perceived social norms but are different in that they concern what is ,right<br />

for you‘.“ ➔<br />

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