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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
➔<br />
Entwicklung eines Bewusstseins für das eigene Geschlecht zu einer stärkeren Aufmerk<br />
samkeit gegenüber gleichgeschlechtlichen Fernsehfiguren führt, was dann langfristig<br />
unterschiedliche <strong>Medien</strong>nutzungspräferenzen <strong>und</strong> Wirkungspotentiale nach sich<br />
zieht. Geschlechtsrollenstereotype beziehen sich auch auf unterschiedliche emotiona<br />
le Reaktionen von Männern <strong>und</strong> Frauen, wobei zur weiblichen Rolle eher Furchtreak<br />
tionen, zur männlichen dagegen eher aggressive Reaktionen gehören. Möglicherwei<br />
se wirkt sich die Internalisierung dieser Geschlechtsrollenstereotype im Sozialisations<br />
prozess auch auf unterschiedliche Reaktionen auf <strong>Medien</strong>gewalt aus. Hierfür sprechen<br />
Studien, die Geschlechtsunterschiede in der Reaktion auf <strong>Medien</strong>inhalte eher für<br />
ältere als für jüngere Kinder finden (vgl. z. B. Oliver/Green 1998).<br />
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Bef<strong>und</strong> der Studie von Sandra Caviola<br />
(2000), die qualitative Interviews mit zehn Kindergartenkindern sowie mit Eltern <strong>und</strong><br />
Erziehern durchführte, um die kindliche Rezeption gewalthaltiger Sendungsbestand<br />
teile im Kinderprogramm zu untersuchen. Caviola stellte Angstreaktionen eher bei<br />
Mädchen als bei Jungen fest <strong>und</strong> führte diese Beobachtung darauf zurück, dass Mäd<br />
chen von ihren Müttern in stärkerem Maße als Jungen vor schädlichen <strong>Medien</strong>inhalten<br />
zu bewahren versucht würden. Caviola (2000, S. 388) vermutet, dass „nicht die gesehe<br />
nen gewalthaltigen Inhalte problemauslösend waren, sondern die Darstellungen von<br />
<strong>Gewalt</strong> erst durch die Befürchtungen der Mütter an Bedrohlichkeit gewannen.“ Einige<br />
Mütter hätten „analog zur öffentlichen <strong>Gewalt</strong>diskussion – mitunter eine direkte Ver<br />
bindung zwischen dem Verhalten ihrer Kinder <strong>und</strong> den von den Müttern negativ<br />
bewerteten Fernsehvorlagen“ hergestellt. „Dieser Kausalzusammenhang wurde von<br />
manchen Kindern übernommen. In diesem Fall war es in Teilen das Verhalten der<br />
Mütter <strong>und</strong> nicht die <strong>Medien</strong>angebote selbst, die dazu führten, dass auf bestimmte<br />
(gewalthaltige) Angebote mit Angst reagiert wurde.“ (Caviola 2000, S. 379).<br />
Mary Beth Oliver <strong>und</strong> Stephen Green (2001) stellten fest, dass Kinder Programme bereits<br />
anhand geschlechtsrollenspezifischer Kriterien (darunter auch dem <strong>Gewalt</strong>gehalt)<br />
beurteilen <strong>und</strong> dieses Urteil einen Einfluss darauf nimmt, mit wie viel Genuss sie die<br />
entsprechenden Inhalte rezipieren. 178 Oliver <strong>und</strong> Green führten ein Experiment mit<br />
176 Kindern (96 Jungen, 80 Mädchen) im Alter zwischen 3 <strong>und</strong> 9 Jahren durch. Diese<br />
sahen zwei Trailer, einen für den als eher „weiblich“ eingestuften Film „Beauty and the<br />
Beast“ <strong>und</strong> einen für den eher als „männlich“ eingestuften Film „The Teenage Mutant<br />
Ninja Turtles“. Nach jeder einzelnen Vorführung stuften die Probanden ihre Gefühle<br />
ein <strong>und</strong> gaben an, wie sehr sie die Filmausschnitte gemocht hatten. Außerdem sollten<br />
sie Auskunft darüber geben, ob dies eher ein Film für Jungen, einer für Mädchen oder<br />
einer für beide Geschlechter sei, <strong>und</strong> warum sie zu dieser Einschätzung gelangten.<br />
Ferner wurde ihr Gesichtsausdruck während der Rezeption auf Video aufgenommen.<br />
Es stellte sich heraus, dass 64 % der Kinder die „Turtles“ als Film für Jungen einstuften.<br />
Über 32 % begründeten dies mit der <strong>Gewalt</strong>, die der Film enthielt. Weniger eindeutig<br />
178 Zur geschlechtsstereotypen Wahrnehmung von <strong>Medien</strong>inhalten vgl. auch die Studie zur Rezeption von<br />
Wrestling-Programmen von Dafna Lemish 1997; 1998 (vgl. Kapitel 3.2.8). ➔<br />
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