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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />
➔<br />
(bzw. auf den Grad der Violenz einer Szene) untersucht haben. Zu nennen ist hier insbe<br />
sondere die bereits in Kapitel 3.1.4 vorgestellte Arbeit von Werner Früh (2001).<br />
In Bezug auf die Einschätzung einer Darstellung als mehr oder weniger gewalthaltig<br />
ist es allerdings wichtig, die Wahrnehmung von <strong>Gewalt</strong> nicht automatisch mit deren<br />
Wirkung gleichzusetzen. Früh nimmt im Rahmen seines dynamisch-transaktionalen<br />
Ansatzes 151 an, dass <strong>Gewalt</strong> nur dann wirken kann, wenn sie auch als <strong>Gewalt</strong> wahrge<br />
nommen wird. Dieser Schluss ist allerdings nicht zwingend, da durchaus vorstellbar ist,<br />
dass auch von nicht als <strong>Gewalt</strong> eingestuften violenten Szenen eine Wirkung ausgehen<br />
kann. Möglicherweise sind diese Darstellungen sogar besonders gefährlich, weil sie<br />
nicht als <strong>Gewalt</strong> betrachtet werden, bzw. vielleicht ist die Einstufung bestimmter Dar<br />
stellungen als nicht violent im Sinne eines Desensibilisierungseffekts bereits die Folge<br />
negativer Wirkungen von <strong>Medien</strong>gewalt.<br />
3.4.2 Inhaltsvariablen<br />
3.4.2.1 Ausmaß <strong>und</strong> Grad der expliziten Darstellung von <strong>Gewalt</strong><br />
Die vielen Inhaltsanalysen implizit zugr<strong>und</strong>e liegende Annahme, dass <strong>Gewalt</strong>darstel<br />
lungen umso stärkere Wirkungen hervorrufen, je zahlreicher <strong>und</strong> blutrünstiger sie<br />
sind, ist von der Forschung mittlerweile relativiert worden. Wenn auch die Menge<br />
gezeigter <strong>Gewalt</strong> nicht bedeutungslos ist, so spielt doch der Kontext dieser <strong>Gewalt</strong>dar<br />
stellungen die wichtigere Rolle.<br />
Dass Rezipienten allerdings in der Lage sind, auch kleine Unterschiede im <strong>Gewalt</strong>ge<br />
halt zu registrieren (was auch immer dies für die Wirkung bedeuten mag), legt eine<br />
Untersuchung von Mike Berry, Tim Gray <strong>und</strong> Ed Donnerstein (1999) nahe. Im Zentrum<br />
dieser Studie stand die Frage, welchen Einfluss das Herausschneiden von bestimmten<br />
Filmszenen auf Erregung, Genuss <strong>und</strong> Wahrnehmung von <strong>Gewalt</strong> bei Rezipienten hat.<br />
Berry, Gray <strong>und</strong> Donnerstein führten dazu drei Experimente durch. In Experiment 1<br />
bekamen die Probanden (35 Männer, 50 Frauen) einen 1,5-minütigen Ausschnitt eines<br />
gewalthaltigen Films gezeigt, wobei je nach Experimentalgruppe eine Szene, zwei<br />
Szenen oder keine Szene herausgeschnitten waren. In Experiment 2 bekamen die<br />
Versuchspersonen (10 Männer, 17 Frauen) einen Ausschnitt von ca. 4,5 Minuten gezeigt,<br />
entweder in der ungeschnittenen oder der geschnittenen Variante (in einer Szene war<br />
die Zahl der <strong>Gewalt</strong>akte von 13 auf 3 reduziert worden). In Experiment 3 wurde den<br />
Probanden (32 Männer, 40 Frauen) der in Experiment 2 verwendete Film vollständig<br />
gezeigt, wobei in der geschnittenen Version zwei besonders violente Szenen fehlten. 152<br />
151 Vgl. dazu Kapitel 3.1.4.<br />
152 In einer der geschnittenen Szenen fehlte die Aufnahme eines Mannes, der bei einem Kampf in einer Höhle<br />
auf einem Stalaktiten aufgespießt wird, in einer anderen fehlten einige blutige Nahaufnahmen eines verletzten,<br />
leidenden Opfers. In beiden Szenen wurde zudem die Zahl der Tritte <strong>und</strong> Schläge reduziert. ➔<br />
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