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Übersicht Wirkungen von <strong>Gewalt</strong> in Computerspielen<br />
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Es zeigte sich, dass ein signifikanter Anstieg in der Wahl der <strong>Gewalt</strong>option zwischen<br />
Versuchsphase <strong>und</strong> Wettbewerbsphase dann vorkam, wenn die Spieler im Rahmen<br />
eines Turniers (d. h. Wettbewerbsbedingungen mit Publikum <strong>und</strong> Siegprämie) gegen<br />
einander spielten bzw. wenn sie für den Sieg zumindest eine Belohnung versprochen<br />
bekamen (Wettbewerbsbedingungen ohne Publikum mit Siegprämie). Kein signifi<br />
kanter Effekt war festzustellen, wenn die Spieler unter Turnierbedingungen ohne<br />
Siegprämie gegeneinander antraten. Allerdings gab es in den drei Experimenten<br />
jeweils höchstens 22, z. T. identische Versuchspersonen. Außer der Zahl violenter <strong>und</strong><br />
nichtviolenter Spielabschlüsse (<strong>und</strong> in einem Experiment auch dem Gefühlszustand<br />
vor, während <strong>und</strong> nach dem Turnier sowie einer Aggressivitätseinschätzung der Teil<br />
nehmer durch zwei Lehrer) 278 wurden keine weiteren Variablen erhoben, die näheren<br />
Aufschluss über das Zustandekommen des Ergebnisses geben könnten. Auch diese<br />
Studie kann keine Aussagen über mögliche Folgen für das reale Verhalten treffen.<br />
Gerade angesichts der Tatsache, dass Computerspiele für viele Spieler eine soziale<br />
Komponente besitzen (vgl. Kapitel 4.3.3) <strong>und</strong> angesichts der Beliebtheit von Netzwerk<br />
spielen verdient der Wettbewerbsaspekt beim Spielen violenter Computerspiele künf<br />
tig erhöhte Aufmerksamkeit. 279 In diesem Kontext ist auch die Frage relevant, inwie<br />
weit sich das Spiel violenter Computerspiele gegeneinander vom Spiel miteinander<br />
unterscheidet. Auch zu diesem Aspekt stehen empirische Bef<strong>und</strong>e noch aus. 280<br />
Zu einem weiteren interessanten Ergebnis, zu dem allerdings systematische Untersu<br />
chungen ebenfalls noch fehlen, kam Sherry (2001, S. 424f.) in seiner Meta-Analyse. Er<br />
konstatierte, dass eine sehr kurze Spieldauer (zehn Minuten) zu einer stärkeren<br />
<strong>Gewalt</strong>steigerung führt als eine lange Spieldauer (75 Minuten). Sherry erklärt diesen<br />
Bef<strong>und</strong> damit, dass es möglicherweise zu einem anfänglichen Erregungseffekt kommt,<br />
der aber nach ausgedehntem Spiel z. B. durch Langeweile oder Ermüdung stark abfällt.<br />
Sherry äußert die Überlegung, dass elterliche Bemühungen, die Spielzeit ihrer Kinder<br />
zu begrenzen, möglicherweise kontraproduktive Effekte nach sich ziehen könnten,<br />
denn Kinder würden dadurch evtl. gerade dann veranlasst, mit dem Spielen aufzuhö<br />
ren, wenn vermutlich der stärkste aggressive Effekt auftritt. Die Forschungsbef<strong>und</strong>e<br />
reichen für verallgemeinernde Ratschläge aber noch nicht aus.<br />
278 Dabei zeigte sich, dass die <strong>Gewalt</strong>ausübung im Computerspiel nicht mit Wutgefühlen in Zusammenhang<br />
stand bzw. dass Spieler mit Tendenz zu einer violenten Lösung auch in der Realität gewalttätiger gegenüber<br />
Gleichaltrigen <strong>und</strong> gegenüber Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrern waren.<br />
279 Jugendschutz.net (2002) weist z. B. darauf hin, dass Netzwerkspiele wie „Counterstrike“ in längerfristig<br />
organisierten Spielegruppen („Clans“) gespielt werden <strong>und</strong> das „geplante, koordinierte Handeln innerhalb<br />
von Teams [...] meist schneller zum Ziel“ führe „als blinder Aktivismus von Einzelgängern“. Talmadge<br />
Wright (2002) folgert im Rahmen einer Studie zu „Counterstrike“ auf Basis eigener Spielerfahrung, Auswertung<br />
von Logfiles <strong>und</strong> Interviews mit Spielern sogar, dass die Spieler zwar eine Subkultur bildeten, die<br />
für Außenstehende leicht missverständlich sei. Bei genauerer Betrachtung seien aber viele positive Effekte<br />
für die Spieler damit verb<strong>und</strong>en, die sich aus der Notwendigkeit von Kooperation <strong>und</strong> Vertrauen beim<br />
Spielen, die die Gemeinschaft stärkten <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaften förderten, ergeben würden.<br />
280 Zu einer Studie, die negative Affekte <strong>und</strong> Verhaltensweisen als Reaktionen auf einem Spielpartner zugeschriebene<br />
Misserfolge in einem Computerspiel feststellte, vgl. Wingrove/Bond 1998. Hier wurden allerdings<br />
nicht speziell violente Spiele untersucht, <strong>und</strong> Effekte von Computerspielen bildeten nicht die<br />
eigentliche Forschungsfrage. ➔<br />
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